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Kultur: Aggression in Zeitlupe

ROCK

Wäre der Gedanke nicht so abgeschmackt, könnte man Audioslave als Rock-Dinos-Treffen bezeichnen. Chris Cornell, Sänger der Grunge-Legende Soundgarden, paart sich mit drei Mitgliedern von Rage Against The Machine, der Band, die 1993 mit dem „Crossover“-Sound ein neues Genre aus der Taufe hob – bellender Polit-Rapgesang, pumpende Gitarrenriffs. Ein Stück tote Musikgeschichte also auf der Bühne der ausverkauften Berliner Columbiahalle . Bejubelt werden Audioslave von der ersten Minute an – wohl auch, weil diese Helden einer vergangenen Zeit sich zunächst genauso gebären wie man sich „Rage“ plus Soundgarden im Quadrat vorstellt. Kein stilistischer Neuanfang: Cornell schmettert sein wölfisches Klagegeheul, die Band steigt sofort in die verzerrten Led-Zeppelin-Riffs des Gitarristen Tom Morello ein. Aber schon nach den ersten Songs wie „Cochise“ und „Light My Way“ ist absehbar, welchen Preis diese widerwillige Koalition zahlen muss: Gegen Cornells düstere Poesie fällt der sonst so aggressive Maschinengewehr- Funk der Band ins Zeitlupenhafte ab. Der Sänger wiederum, seiner Rhythmusgitarre aus früheren Tagen beraubt, wandert gelenksteif in der Gegend herum, sobald die anderen das Tempo anziehen. Cornell wäre an einer Akustikgitarre der Souverän. Unter solchen Umständen aber erscheint der ehemalige „Rage“-Sänger Zack de la Rocha unersetzbar. Gemeinsam von großen Songideen zu träumen ist das eine, große Hymnen schreiben das andere. Diese Supergroup ist ein Frankenstein. Weniger als die Summe aller Teile.

Sassan Niasseri

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