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Kultur: Allein zu Haus

„7 Schwestern“ von She She Pop im HAU

Zeit ist vergangen, die Väter sind fort, die Kinder unter sich – so bilanziert es Lisa Lucassen, Mitglied des She-She-Pop-Kollektivs und spielt damit auf einen alten Hit an: In der She-She-Pop-Erfolgs-Produktion „Testament“ luden sich die Performer drei ihrer leiblichen Väter auf die Bühne, um ausgehend von Shakespeares „König Lear“ die unbequemen Fußnoten des Generationenvertrags zu verhandeln. Ein sensationeller Abend war das, der eine schonungslos persönliche Lesart anbot und gerade über die vermeintlich privaten Momente zu einer allgemeingültigen Reflexion über das Verhältnis zwischen in die Jahre gekommenen Eltern und erwachsenen Kindern wurde.

Jetzt aber heißt es loslassen und wieder allein weitermachen – und entsprechend selbstbezüglich beleuchten die Diskurs-Theatraliker von She She Pop in ihrer jüngsten Inszenierung die eigene Generation der postfeministisch ermatteten Fortysomethings, und das auf der Folie von Tschechows Sehnsuchtsdrama „Drei Schwestern“. Stellvertretend für das Gesamtkollektiv begeben sich Johanna Freiburg, Lisa Lucassen, Berit Stumpf sowie Sebastian Bark mit „7 Schwestern – ein Gruppenporträt frei nach Tschechow“ ins virtuelle Haus der Prosorows, verteilt auf Foyer, Hinterbühne und Toilette des HAU, um auf Stichwortzuruf aus dem Reclamheft Fragen nach Arbeit, Solidarität und Selbstverwirklichung zu stellen – zu sehen über weite Strecken als paralleles Livevideoscreening auf der Bühne.

Bisweilen spiegeln sich die Tschechow-Rollen aufs Schönste in der Lebens- und Schaffenssituation der Performerinnen, etwa im Konflikt zwischen mutterstolzer und kinderloser She-She-Pop-Fraktion. Dann wieder wird lediglich ein erschöpfender Aktionismus produziert. Wo der Abend hin will, wird nicht klar. Nach Moskau jedenfalls nicht, dieses Tschechow’sche Utopia taugt nur noch für eine feine ironische Pointe. Patrick Wildermann

wieder 12. bis 14. 12., 19.30 Uhr, HAU 1

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