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Kultur: Alles war gut!

Morgen startet das Berliner Festival „Tanz im August“

Wir dürfen uns Nele Hertling als eine glückliche Intendantin vorstellen. Zu Beginn der Programm-Pressekonferenz von „Tanz im August“ erhielt die scheidende Prinzipalin des Hebbel-Theaters aus den Händen von Kollege André Thériault eine Ehrenkarte für alle zukünftigen Festivalausgaben – „leider nicht übertragbar", wie der Stifter betonte. Diese Ehre hat sich Frau Hertling redlich verdient. Sie war es schließlich, die das Unternehmen Tanzfest vor 15 Jahren gegründet hat. Entsprechend beschwingt fiel denn auch ihre Bilanz aus. Heute steht „Tanz im August“ künstlerisch bestens genährt da: An sieben Spielorten werden zwei Dutzend Produktionen gezeigt, die mehr noch als in früheren Jahren vom ganz großen, glamourösen Spektakel bis zum experimentellen Kammerabend reichen. Dabei sind auffallend viele Ur- und deutsche Erstaufführungen im Programm.

„Tanz im August“ hat sich international als A-Festival durchgesetzt – was sich allmählich auch in der finanziellen Ausstattung niederschlägt. Jahr für Jahr aufs Neue mussten Hertling und Kollegen bislang um Finanzhilfen bangen. Jetzt zeichnet sich endlich eine Art Basisförderung durch den Hauptstadtkulturfonds ab. Das dürfte der zukünftigen Leitung willkommen sein. Denn Nele Hertling wird sich auch aus dem künstlerischen Direktorium des Internationalen Tanzfestes (dem außerdem Ulrike Becker und André Thériault angehören) zurückziehen. Nachrücken wird Bettina Masuch, neue Tanzkuratorin der Ufer GmbH (der künftigen Dachorganisation des Hebbel-Theaters). Und auch die Schaubühne am Lehniner Platz signalisiert Gestaltungsinteresse. Eine gesicherte Finanzgrundlage – dieses Jahr kostet das Tanzfest immerhin 700 000 Euro – werden sie allemal zu schätzen wissen.

Noch ein Grund also zur Freude auf den bevorstehenden zweiwöchigen Tanzmarathon. Von der schwarzhumorigen Eröffnungsproduktion mit der englischen Tanztheatergruppe „DV8 Physical Theatre“ über die fulminanten Kanadier von „La La La Human Steps“, deren rasante Spitzentanztechnik diesmal auf depressiv kulinarische Songs von David Lang trifft, bis zu Ausblicken auf afrikanischen zeitgenössischen Tanz mit „Les Studios Kabako“ und „Cie Gàara“ wird die Palette diesmal reichen, nicht zu vergessen die erste eigene Choreographie des Berliner Wunderkindes Astrid Endruweit. Die belgischen Großstars Wim Vandekeybus samt Compagnie sowie Anne Teresa de Keersmaeker mit ihrem exzeptionellen Soloabend „Once“ dürfen natürlich auch nicht fehlen, ebensowenig der katalanische Bewegungslyriker Cesc Gelabert, der mit der Zeit eine Art Hauschoreograph des Hebbel-Theaters geworden ist.

„Die Abschiedsausgabe sollte noch einmal die ganze Bandbreite dessen zeigen, was wir in den letzten 15 Jahren gezeigt und gefördert haben“, erklärte Nele Hertling. Tatsächlich hat das Tanzfest über die Jahre auch institutionelle und strukturelle Schwerarbeit geleistet. Deren Erfolg drückt sich in einem stetig wachsenden Publikumsinteresse aus. Bereits jetzt sind einige Vorstellungen fast ausverkauft. Aber das vielfältige Rahmenwerk aus Workshop-Präsentationen, Voraufführungen und Spätprogrammen sowie einer Book-Release-Party bietet auch so eine tanzkünstlerische Rundumversorgung.

Dass ein Berliner Fernsehsender warnen zu müssen meint: „Viele Produktionen sind sehr künstlerisch. Bitte informieren sie sich auf der Website genau über die Stücke, die sie besuchen möchten“, dürfte nicht gegen die Auswahlkriterien der Festivalleitung sprechen. Zwar mag es weise, ja platonisch sein, von Kunst abzuraten. An dieser Stelle sei aber „Tanz im August“ ausdrücklich willkommen geheißen. Es werden zwei ganz und gar kunstfreudige Wochen werden.

Tanz im August vom 14. bis 30. August. Karten: 259 004 27 (Hebbel-Theater), 247 497 77 (Podewil). Online-Buchung und weitere Informationen unter www.tanzfest.de

Franz Anton Cramer

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