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Diekubanische Band Los Van Van.

© Promo

Berlin-Auftritt von Los Van Van: Altes Kuba

Gut geölte Rhysthmusmaschine: Los Van Van bieten Salsa im voll besetzten Kesselhaus - leider ohne Würze.

Oft als die „Rolling Stones der Salsa“ bezeichnet, gelten Los Van Van als die Pioniere der modernen kubanischen Musik. Als der vor zwei Jahren verstorbene und 2013 mit einem Grammy für sein Lebenswerk geadelte Bassist Juan Formell die Band 1969 ins Leben rief, wechselte er vom Son zum Songo: Querflöte und Violine der traditionellen Charanga stellte er drei Posaunen gegenüber, fügte erstmals Synthesizer, E-Bass und Drumset hinzu und sorgte für rockige Akkordfolgen. Auch 47 Jahre und 21 Alben später füllt die Band noch Baseballstadien auf Kuba und die großen Konzerthallen zwischen Lateinamerika und Europa. Im Gegensatz zu ihren hochbetagten Kollegen spielen die 15 Musiker von Los Van Van eher als Buena Pista Social Club auf – sie sind eine Dampflokomotive der Salsa.

Im vollen Kesselhaus legt die gut geölte Rhythmusmaschine dann auch sofort los. Samuel Formell, der Sohn des verstorbenen Bandleaders, ist an seinen Drums im Zentrum der Bühne der Steuermann, und inmitten des perkussiven Gewitters kontrastiert die Wucht der Posaunensätze sehr schön mit der Zärtlichkeit von Flöte und Geige. Natürlich hat es in all den Jahren auch personelle Veränderungen gegeben.

Wo bleiben die Ideen, die fulminanten Soli?

Nur noch vier Musiker sind von der alten Garde übrig geblieben, und im Vergleich zu den charismatischen Leadsängern Pedrito Calvo und Mayito Rivera, die das Publikum allein durch ihre Bühnenpräsenz anfeuern konnten, wirken die aktuellen vier Sänger blass und ohne Melodie. Im Konzertsaal versteifen sich die Sänger auf Shouts, Sprechgesang und Chöre, so versinken sie in der perkussiven Instrumentalgewalt. Mandy Cantero krächzt in die Reihen, der sonst so voluminöse Robertón Hernández ist nur der Schatten seiner selbst, und Yenisel Valdés, die einzige Frau, bleibt weit hinter ihrer Brillanz im Tonstudio zurück.

Vielleicht liegt es auch am maßlos übersteuerten Sound, der zwischen den glatten Betonwänden jede Nuance verliert. Doch schon nach einer halben Stunde ahnt man die Lustlosigkeit der Truppe, die Maschine kommt ins Stottern. Wo bleiben neue Ideen, wo die fulminanten Soli? Stattdessen feiert die Band sich selbst, schindet Zeit, in langen Ansprachen beschwört sie die Ahnen aus den eigenen Reihen, lässt in patriotischem Überschwang Kuba hochleben und ruft die Zuschauer immer wieder dazu auf, die Arme zu schwenken. Solche Akklamation ist man auf Kuba eher auf politischen Großveranstaltungen gewöhnt. Ein Teil des Publikums verlässt vorzeitig den Saal.

Roman Rhode

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