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Der Film bezieht sich auf Tschingis Aitmatows berühmte Novelle von 1958.

© Aminatou Echard

Aminatou Echards „Djamila“ im Forum: Durchs wilde Kirgistan

Sensibles Sittenbild: Aminatou Echards „Djamila“ über das Leben von Frauen in Kirgistan läuft im Berlinale-Forum.

Ja, sie ist eine beeindruckende Frau: „Eine, die für die Liebe kämpft.“ Kirgisinnen ganz verschiedenen Alters sprechen vor der Kamera über Djamila, die Heldin aus Tschingis Aitmatows 1958 erschienener Novelle. Ganze Generationen von Frauen hat die Protagonistin beeindruckt: Verheiratet mit einem ungeliebten Mann, der im Zweiten Weltkrieg kämpft, lernt Djamila einen anderen kennen und brennt mit ihm durch – ein ungeheuerlicher Bruch mit der Tradition und der Familie!

Bedächtig reden die Kirgisinnen von heute über die Rolle, die ihnen in der Gesellschaft zugedacht ist: still sein, sich fügen, auch wenn sie – wie weithin üblich in diesem mittelasiatischen Land – von einem ihnen quasi unbekannten Mann entführt und gegen ihren Willen mit diesem verheiratet wurden. Die Scheidungsrate bei jungen Paaren ist hoch in Kirgisien, häusliche Gewalt, nicht selten auch von Schwiegermüttern verübt, häufig. Ein einheimisches Sprichwort sagt: „Der gefährlichste Platz für eine Frau ist zu Hause.“

Körnige Bilder

Die französische Regisseurin Aminatou Echard offenbart in ihrem auf Super-8 gedrehten Debüt, wie aktuell Djamilas Konflikte noch immer sind. Der gesellschaftliche Bruch nach dem Ende der Sowjetunion kommt immer wieder zur Sprache: Die Schließung staatlicher Kindergärten und Frauenförderprogramme, die Rückkehr der Religion mit dem Islam, das Wiedererstarken des Patriarchats, das alles und mehr warf die Frauen fatal zurück. Mehrfach ist zwischen den Worten zu hören, dass weibliche Utopien zu Djamilas Zeit der Übergänge und offenen Türen weniger unmöglich schienen, da die präsozialistischen Verhältnisse umgestaltet wurden und Modernisierungsprozesse angelaufen waren.

Aminatou Echards Bilder sind körnig – wie um den Charakter einer vorbehaltlichen Annäherung zu bekräftigen. Als sensibles Sittenbild ist dieser Film gewiss auch für andere Turkvölker gültig. Die Unterschiedlichkeit der Ansichten überrascht, wo sich viele dieser weiblichen Biografien doch ähneln: als Minderjährige entführt, zwangsverheiratet mit dem Entführer, Kinder, das oft oppressive, sogar feindliche Umfeld. Wären da nicht drei durchaus feministisch orientierte Frauen vor der Kamera, man könnte sich des fatalen Eindrucks gesellschaftlicher Lähmung nicht erwehren.

21. 2., 22.30 Uhr (Arsenal 1), 25. 2., 10 Uhr (Zoo Palast 2)

Anke Westphal

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