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Kultur: Amok

Im Kino: Joel Schumachers Drogenthriller „Twelve“

„Rasant wie Speed, schonungslos wie Acid“, urteilte die New York Times über „Twelve“. Der 2002 erschienene Debütroman des 17-jährigen Nick McDonell wurde zum Welterfolg, gefeiert als düsteres, authentisches Porträt einer ganzen Generation. Und in der Tat, die Story um den Dealer White Mike und seine neureichen Freunde von New Yorks Upper East Side, die die Modedroge „Twelve“ konsumieren, liest sich wie eine apokalyptische Achterbahnfahrt: rauschhaft und dicht – und so düster und illusionslos wie die Figuren, von denen er erzählt. Am Ende der Geschichte um Jugendliche, die sich in eitler Vergnügungssucht verbrauchen, steht ein Amoklauf.

Nun ist Joel Schumachers HollywoodVersion im Kino – und auch wenn der Film sich angestrengt um vergleichbare Wucht bemüht, bleibt vom Sog der Vorlage wenig übrig. Erzähltechnisch setzt Schumacher auf eine gemächliche Reihe musikuntermalter Kamerafahrten und einen Off-Kommentar (im Original: Kiefer Sutherland), der abschildert, was der Zuschauer ohnehin auf der Leinwand sieht. Auch den Höhepunkt des Romans, die in einem Massaker gipfelnde Geburtstagsparty der Highschool-Diva Sara (Esti Ginzberg), inszeniert er so dezent wie möglich. Immerhin durch die anrührende Perspektive des Gastgebers Chris (Rory Culkin) ragt die Szene heraus: Lautlos weinend kauert Chris in einer Ecke und muss mit anhören, wie sein Amok laufender Bruder ihm erst lauthals nach dem Leben trachtet und dann vorm Haus von der Polizei erschossen wird.

So fade die Verfilmung im Blick auf die Romanvorlage insgesamt geraten ist, so gelungen erscheint die Besetzung mit unverbrauchten Gesichtern. Unter all den High-School-Mädchencharakteren ragen Julia Roberts’ Nichte Emma Roberts und Zoe Kravitz heraus, Tochter des Rockstars Lenny Kravitz. Der Rapper Curtis Jackson alias 50 Cent spielt den Drogenboss Lionel, der die Powerdrogen ohne Rücksicht auf Kapitalverluste unter die Leute bringt, und für die Hauptrolle des Marihuana-Dealers White Mike wurde Chace Crawford gewonnen, Star des amerikanischen Serienhits „Gossip Girl“. Die meisten Figuren aber bleiben so stumpf wie ihre Dialoge, ganz aufs Lächeln und Posen reduziert.

Der mittlerweile 71-jährige Joel Schumacher hat in den Neunzigern in Hollywood Erfolge gefeiert, darunter Literaturverfilmungen wie „Die Jury“ oder den Thriller „8mm“ mit Nicolas Cage. Nick McDonells „Twelve“ war, um zum Vergleich eine bekömmliche Droge zu bemühen, wohl nicht seine Tasse Tee. Florian Zimmer-Amrhein

In neun Berliner Kinos. Originalversion im Cinestar SonyCenter

Florian Zimmer-Amrhein

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