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Andreas Wolf: Kompakter und direkter Liederabend

Andreas Wolf gibt während der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci einen Liederabend im Palmensaal und findet dabei den richtigen Ton.

Jungenhaft, vielleicht noch etwas unbeholfen, doch immer sympathisch wirkt der Sänger auf dem Podium. Und jung ist er tatsächlich. Die Dreißig hat Andreas Wolf wohl noch nicht erreicht. Man kann sich ihn bestens als naiv-schelmischen „Zauberflöten“-Papageno oder als glutvollen Liebhaber Guglielmo in „Cosi fan tutte“ vorstellen. Partien, die dem Sänger mit Sicherheit angeboten werden. Auf der Opernbühne wird eine glänzende Karriere bevorstehen. Die gesunde Kompaktheit und unverstellte Direktheit seiner bereits recht großen Stimme kostet er kräftig aus. Der Bass-Bariton, so heißt wohl seine Devise, muss hinaus geschleudert werden, koste es, was es wolle. Dabei achtet er anscheinend noch nicht darauf, ob er in einem großen Opernhaus oder in einem intimen Konzertsaal singt.

So verfuhr Andreas Wolf in großen Teilen des Liederabends mit dem Titel „Morgenlandfahrt“ während der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, bei dem dichterische und musikalische Brücken zwischen Orient und Okzident geschlagen wurden, aus der Sicht von Europäern des 19. Jahrhunderts.

Der feinen Akustik des kleinen Palmensaals der Orangerie des Neuen Gartens nicht achtend, dröhnte Andreas Wolfs‘ Stimme oftmals durch den Raum derart, dass einem das Hören verging. Auch der erfahrene Pianist Christoph Ulrich Meyer konnte ihn nicht zurückhalten. Im Gegenteil. Man hatte den Eindruck, beide Künstler wollten sich in der Lautstärke übertrumpfen. So war es schade um die Darbietungen der Lieder von Franz Schubert und Hugo Wolf, obwohl der noch zarte Beginn mit „Geheimes“ von Schubert hoffnungsfroh stimmte. Es sollte sich aber bald herausstellen, dass Andreas Wolf ein ausgefeiltes Wort-Ton-Verhältnis, wie man es von seinem Lehrer Thomas Quasthoff und vor allem von Dietrich Fischer-Dieskau kennt, mit dem ihm eine Zusammenarbeit verbindet, weitestgehend noch fehlt. Sicherlich wird es auch an des Sängers Jugend liegen, dass ihm das Hintergründige der Wolf’schen Piecen noch nicht gegeben ist, wenn man von der Gestaltung des Liedes „Wie sollt‘ ich heiter bleiben“ einmal absieht.

Am besten gelangen dem Sänger jene Lieder, die Geschichten erzählen. So Robert Schumanns Interpretation der alttestamentarischen Geschichte von dem König Belsazar, der den Gott der Juden verspottet und dafür bestraft wird. Stimmgestisch gestaltete Wolf das Lied, da hatte er so manche Farbe bereit und verstand unmittelbar zu packen. Auch Christoph Ulrich Meyer erwies sich dabei als kongenialer Partner. Auch dem Zauber von Schumanns „Lotosblume“ fühlte sich Wolf hingezogen und sang das Lied mit bewegenden Seelenschwingungen. Die wollte er natürlich auch den Liedern der Franzosen Hector Berlioz und Gabriel Fauré mit der strömenden Wärme seiner Stimme verleihen.

Für den Schluss des Konzertabends hielt er vier Lieder von Johannes Brahms parat, innige Liebeslieder von nicht aufgeblasenen Emotionen. Dafür fanden Andreas Wolf und Christoph Ulrich Meyer den richtigen Ton.

Klaus Büstrin

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