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Die Musik gewittert. Dirigent Andrew Parrott am Pult.

© Dan Porges

Andrew Parrott und das Konzerthausorchester: Der Mythos klingt

Bilder der Innerlichkeit: Das Konzerthausorchester führt mit Andrew Parrott „Idomeneo“ von Mozart und "Medea" auf.

Es ist ein Akkord mythologischer Stoffe, mit dem Andrew Parrott vor das Konzerthausorchester tritt. Von Idomeneo, dem kretischen König, gelangt sein Programm nach Korinth, wo Medea im Drachenwagen vor dem Palast des Königs Kreon auffährt. Der britische Dirigent ist als ehemaliger Assistent Michael Tippetts neuer Musik zugetan. Dazu gilt seine Neigung historischer Aufführungspraxis alter Musik, da er auch Musikwissenschaftler ist.

Um die Ouvertüre und Ballettmusik zu Mozarts „Idomeneo“ in ihrem instrumentalen Gewand zu differenzieren, setzt er Pauken und Trompeten auf einen Seitenplatz neben dem Orchester. Die Gestik der Musik, ihre sinnliche Klangwirkung stehen im Vordergrund dieser Aufführung, nicht ihr endgültiger Schliff.

Sensible Streicher

Eingeschoben wird die Sinfonie Nr. 69 von Joseph Haydn, durch Verlegerhand betitelt nach einem österreichischen Feldmarschall namens „Laudon“. Das Stück wird von Analysten des 20. Jahrhunderts als Enttäuschung gesehen. Nicht so von Andrew Parrott. Was das Verdikt als „ziemlich nichtssagend“ beurteilt, wird bei ihm mit den sensiblen Streichern des Orchesters zu einem langsamen Satz in konzentrierter Bewegung bis ins Pianissimo. Ein Bild der Innerlichkeit, bis das Menuett den Forte-Kontrast anschlägt. In Parrotts Interpretation entfalten sich fein die Charaktere der Musik.

Mit großem Beifall feiert das Publikum im Konzerthaus die Künstlerin Ruth Rosenfeld für ihre Rezitation in dem Melodram „Medea“. Die Musik stammt von dem böhmischen Komponisten Georg Benda, den Mozart geschätzt hat. Das Melodram galt zeitweise als Kunstwerk der Zukunft. Es ist ein verflossener Typ des Schauspiels, in dem gesprochenes Wort durch orchestrale Musik untermalt wird. Erhalten ist seine bewegende Wirkung in „Fidelio“ und „Freischütz“. In das Erinnern dieser Tage fällt das Melodram „Süßer Schlaf“ aus „Egmont“, wie es Bruno Ganz unter dem Beethoven-Dirigenten Claudio Abbado entfaltet hat.

„Medea“ ist der hasserfüllte Monolog einer Tragödin, sein Inhalt: Rache! Betrogen von Jason, dem „geliebten Verräter“, tötet sie ihre Kinder. Die Musik gewittert. Rosenfeld, in Berlin als Schauspielerin hervorgetreten, arbeitet hier mit Verstärkung ihrer Stimme. Sie klingt eher gefasst. „Höre mich! Hekate!“ Ein seltsamer Wunsch meldet sich: nach einem Schuss gefühlter Theatralik.

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