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Kultur: Angriff der Puschelstifte

Wenn Frauen regieren: Reese Witherspoon in „Natürlich blond II“

Als Hillary Clinton kürzlich bei Sabine Christiansen auftrat, war sie ganz „Pretty in Pink“. Das Gesicht dick geschminkt, ein verbindliches Lächeln auf den Lippen: Europäische Politik finde sie „interessant“, und sie hoffe, sich mit ihrer eigenen Politik in den USA durchsetzen zu können. Eigene Meinungen, ja auch nur eine Spur von Witz oder Eigensinn: Fehlanzeige. Die Kernfrage, ob Frauen an der Macht anders, ja besser regieren könnten als Männer, blieb von ihr wie auch von Sekundantin Angela Merkel unbeantwortet.

Das Gegenmodell zu so viel Zurückhaltung ist Reese Witherspoon in „Natürlich blond II“. Natürlich ebenso blond und ebenso „Pretty in Pink“, aber anders als Hillary durchdrungen von der Idee, dass der männlichen Politikwelt nur mit weiblichen Waffen beizukommen sei. Und das heißt: Freie Coiffure für jede Wählerstimme, Exkurse über Lippenstift und Handcreme vor dem Kongressausschuss, Powerpoint-Dokumentationen über die Rechte der Schoßhunde. Die Praktikanten werden zu Cheerleadern, und zum krönenden Abschluss gibt es eine Demonstration von 300 Naturblondinen mit Schoßhündchen vor dem Kapitol.

Wie Elle Woods am Ende des ersten „Blond“-Films ganz Harvard zu Füßen lag, das war schon 2001 ein subversives Sommervergnügen. Auch die Kongressabgeordneten in Washington erweisen sich in der Fortsetzung als kaum resistenter gegenüber dem Generalangriff von Puschelstiften, Wimpernklimpern, Stilettos und Fönwellen. Dass es Elle diesmal nicht um einen Harvard-Abschluss, sondern um ein Gesetz gegen Tierversuche zur Rettung ihres Schoßhündchens geht, ist nur ein Vorwand für die Großoffensive weiblichen Charmes. Das endet, nach einigen Umwegen über Pförtner, konservative Abgeordnete mit schwulen Kampfhunden, Aschenputtel-Praktikantinnen und überwältigender Frauensolidarität, mit dem großen amerikanischen Showdown im Kongress: „Folge deiner eigenen Stimme“, ist die Lektion, die Elle per Liveschaltung ganz Amerika verkündet. Und ganz Amerika applaudiert – der eigenen Vision von freier Rede und freier Kleiderwahl.

„Wo willst du eigentlich wohnen“, fragt der Zukünftige (Luke Wilson) zum Happy End. Und Elle blickt aus dem pinken Cabrio bedeutungsvoll aufs Weiße Haus. Hillary, nimm dich in Acht.

In 17 Berliner Kinos, OV im Cinemaxx Potsdamer Platz und CineStar Sony-Center

Christina Tilmann

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