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© ddp

Kultur: Applaudissimo

Juan Diego Flórez an der Deutschen Oper

Es gibt verschiedene Möglichkeiten für einen Osterspaziergang. Die einen zieht es in die freie Natur – „aus der Straßen quetschender Enge,/aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht“ –, die anderen pilgern in die Deutsche Oper. Juan Diego Flórez ist am frühen Sonntagabend angekündigt, der Meister der Virtuosität, seit seinem spektakulären 1996er Debüt beim Rossini-Festival von Pesaro weltweit der begehrteste Protagonist eines virilen Belcanto. Dabei ist der schöne Peruaner ein Divo nicht nur für weibliche Operngänger, wie die überdurchschnittliche Herren-Dichte im Saal zeigt.

Lange war Flórez nicht mehr in der Bismarckstraße zu hören – so ist die Stimmung bereits vor Konzertbeginn gut. Die Leute sind wild entschlossen, aus dem Häuschen zu geraten, die Gala zu ihrem Fest zu machen. Prasselnder Applaus schon zur Begrüßung, Bravo-Salven nach jeder Nummer, am Ende sofort Standing Ovations, Jubelschreie im Saal in die ersten Takte der zweiten Zugabe hinein, und selbst als Florez nach dem dritten encore charmant Adios winkt, wollen die Fans einfach nicht gehen, klatschen euphorisiert weiter. „Welch ein Gefühl musst Du, o großer Mann,/Bei der Verehrung dieser Menge haben!/O glücklich, wer von seinen Gaben/Solch einen Vorteil ziehen kann!“

Dabei zeigt sich Juan Diego Flórez – mal ganz nüchtern betrachtet – an diesem Abend geradezu geizig mit den Koloraturen. Für fünf der sieben Gesangsnummern im kurzen offiziellen Programm braucht es wahrlich keinen Spezialisten seines Weltrangs: Cimarosas „Matrimonio segreto“ wie auch „Dalla sua pace“ aus Mozarts „Don Giovanni“ sind eher musikalisches Studentenfutter, sein „Rigoletto“-Herzog ist stimmtechnisch perfekt ausgeführt aber kein Verführer – und aus Donizettis „Fille du régiment“ singt er zunächst nur die harmlose Romanze. Dabei plagen Flórez keinerlei Stimmprobleme wie den Tenorkollegen Rolando Villazon. Er platziert die neun hohen C passgenau, als er im ZugabenTeil endlich den Hit aus der Regimentstochter singt. Mit französischer Eleganz becirct er in Boieldieus „Dame blanche“ und brennt im Finale aus Rossinis „Cenerentola“ ein vokales Feuerwerk ab.

À propos Rossini: Von den drei Ouvertüren, die Yves Abel mit dem feiertäglich gestimmten Orchester der Deutschen Oper einstreut, gelingt das Vorspiel zu dessen „Italiana in Algeri“ am besten, delikat, mit minimiertem Einsatz der perkussiven Krachinstrumente. Flórez’ Glanzlicht des Abends ist der Rossini-Otello, den er mit gewagten Sprüngen, Peng-Tönen und Stimmakrobatik als einen aus der Bahn Geworfenen zeichnet, fern aller verdischen Wucht. „O gibt es Geister in der Luft,/Die zwischen Erd und Himmel schweben,/So steiget nieder aus dem goldenen Duft/Und führt mich weg zu neuem, bunten Leben!“ Frederik Hanssen

Am morgigen Mittwoch, 20 Uhr, gibt Juan Diego Flórez ein weiteres Konzert in der Deutschen Oper Berlin.

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