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Entzückende Ansichten. Ein Mitarbeiter des Auktionshauses Kloss hält ein angeblich von Adolf Hitler 1911 gemaltes Landschaftsaquarell ("Niederthal, Vent") in Händen.

© dpa

Aquarelle von Hitler: Ein Skandal der anderen Art

Die Berliner Polizei beschlagnahmt Aquarelle von Adolf Hitler.

Es klingt nach Skandal und ist womöglich auch einer – nur anders als es zunächst scheint. In dem Berliner Auktionshaus Kloss wurden am 24. Januar drei Aquarelle zur Versteigerung angeboten, die von Hitler stammen sollen. Kurz vor Beginn der Auktion hatten Polizisten versucht, die Blätter zu beschlagnahmen. Grundlage dafür sei eine Anzeige wegen Fälschungs- und Betrugsverdachts, die über das Onlineportal der Internetwache eingegangen sei, teilte die Berliner Polizei über ihren Twitteraccount mit. Da sie keinen richterlichen Beschluss vorweisen konnten, hätten sie zunächst unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen. Am Nachmittag hätten sie dann auf richterliche Anweisung hin die Aquarelle beschlagnahmt.

Caroline Benneckenstein, Mitinhaberin des Auktionshauses, betont, dass sich die Vorwürfe nicht gegen das Haus richteten, sondern die Anzeige gegen den Einlieferer erstattet worden sei. Weiter wollte sich das Haus zu dem Fall nicht äußern.

Aquarelle von Adolf Hitler tauchen häufiger auf dem Markt auf. Ihr künstlerischer Wert ist deutlicher niedriger anzusiedeln als jene Preise, die für die Bilder bezahlt werden. Meist handelt es sich um Landschaften, mit deren Verkauf Hitler in seiner Wiener Zeit vor dem Ersten Weltkrieg seinen Lebensunterhalt bestritt. Die Kundschaft für diese Werke mag sehr speziell sein, am Handel mit ihnen ist nichts illegal.

Die Polizei rechtfertigt ihr Vorgehen. Polizeisprecher Martin Halweg: „Aufgrund der Strafanzeige gegen Unbekannt besteht der Verdacht, dass es sich bei den zur Auktion gestandenen Bildern um Fälschungen handeln könnte. Wir haben dem Richter den Sachverhalt beschrieben und der hat entschieden, dass ausreichend Verdachtsmomente gegeben sind, um eine Beschlagnahme und Durchsuchung der Räume durchführen zu können.“ Das Auktionshaus verweist wiederum auf ein graphologisches Gutachten, laut dem nichts gegen die Echtheit der Signaturen spreche. Das Gutachten stammt von dem US-amerikanischen Graphologen Frank Garo, der zwar als Experte für Hitler-Signaturen gilt, aber nicht unumstritten ist, weil er Zertifikate auf der Grundlage elektronischer Abbildungen erteilt.

Der auf Kunstrecht spezialisierte Berliner Anwalt Lucas Elmenhorst meint zu dem Fall: „Angesichts der Tatsache, dass es bislang wenige bekannte Fälle gibt, in denen Bilder aus Auktionen wegen des Verdachts einer Fälschung von der Polizei beschlagnahmt worden waren, ist der Verdacht hier nicht ganz von der Hand zu weisen, dass für die Entscheidung die Person des Künstlers eine wesentliche Rolle gespielt hat. Es bleibt abzuwarten, ob die Beschlagnahme einer späteren rechtlichen Überprüfung standhält.“

Für den Kunstmarkt könnte das Vorgehen der Behörden gravierende Konsequenzen haben. Die Echtheit von Arbeiten verstorbener Urheber lässt sich häufig nicht zweifelsfrei nachweisen. Würde jeder bei der Polizei gemeldete Zweifel zu Beschlagnahmen führen, wäre geregelter Kunsthandel deutlich erschwert bis unmöglich.

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