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Kultur: Arnold Schönberg: Schätze, die zu heben sind

"Zugänglichkeit!", ruft Nuria Nono-Schönberg aus: Zugänglichkeit zum Werk ihres Vaters ist das, was sie an dem Wiener "Arnold Schönberg Center" am höchsten schätzt.

"Zugänglichkeit!", ruft Nuria Nono-Schönberg aus: Zugänglichkeit zum Werk ihres Vaters ist das, was sie an dem Wiener "Arnold Schönberg Center" am höchsten schätzt. Die Deutsche Oper Berlin hat die Tochter Arnold Schönbergs und Witwe Luigi Nonos, wohnhaft in Venedig, zusammen mit ihren Brüdern Lawrence und Ronald aus Los Angeles nach Berlin eingeladen. Aus Anlass der Wiederaufnahme von "Moses und Aron" trifft man sich mit Musikologen der Metropole zu einer Matinee, die sich nicht zuletzt darum dreht, dem 1951 gestorbenen Komponisten im nächsten Jahr zu seinem 50. Todestag eine neue Zukunft in der Stadt zu verschaffen, nämlich ein "virtuelles" Schönberg-Center. Wie das reale Schönberg-Center in Wien funktioniert, erläutert dessen Leiter Christian Meyer: Das Gebäude am Schwarzenbergplatz beherbergt nicht nur Ausstellungs- und Archivräume nebst Konzertsaal, sondern auch eine Präsenzbibliothek mit zehn Arbeitsplätzen, zugänglich für Wissenschaftler oder Laien. Der Nachlass, den für Berlin zu gewinnen der Senat vor vier Jahren versäumt hat, umfasst 9000 Seiten Musikmanuskripte, 12 000 Seiten Textmanuskripte, 3500 Fotografien und vieles mehr wie etwa Exemplare eigener Werke mit handschriftlichen Anmerkungen.

"Es kommt auf jeden Ton an", erklärt Rudolf Stephan, der seit dreißig Jahren in Berlin an der Herausgabe der Schönberg-Gesamtausgabe arbeitet. Schönberg habe oft mehrere Fassungen seiner Werke hergestellt, ohne dass aus heutiger Sicht die späteren Versionen den früheren eindeutig vorzuziehen seien. Es gelte, das Material zu sichern, einschließlich gelegentlicher Abweichungen des Komponisten von der eigenen Zwölftontechnik. Stephan spricht von einem Balanceakt zwischen Regelbindung und Freiheit und mahnt mit erhobenem Zeigefinger: "Kunst ist keine Buchhaltung!"

Und wie soll nun das "virtuelle" Schönberg-Center aussehen, mit dem Berlin sein Versäumnis wiedergutmachen will? Werner Grünzweig von der Akademie der Künste rühmt die Zusammenarbeit mit Wien, zu dessen Ausstellung "Arnold Schönberg in Berlin" die Akademie Beiträge geliefert habe - nächstes Jahr soll die Ausstellung dann hier gezeigt werden. Im Übrigen hofft Grünzweig ebenso wie Thomas Ertelt vom Staatlichen Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, es könne mittels des Internet so etwas wie eine "elektronische Filiale" des Wiener Schönberg-Centers geschaffen werden. Es sind nicht nur 21 000 Briefe des Komponisten auszuwerten, sondern es ist auch noch dringende ein Werkverzeichnis zu erstellen, ob nun als CD-ROM, in Buchform oder im Internet. Der erste und letzte Wunsch, wie gesagt, lautet: Zugänglichkeit.

Günther Grack

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