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ARS NOBILIS Die Berliner Kunst- & Antiquitätenmesse: Zum Leben erweckt

Die Sonderschau der Ars Nobilis richtet den Blick auf Skulpturen in der Fotografie – und zeigt eindrucksvolle Bilder renommierter Künstler

Die feine Kunst- und Antiquitätenmesse Ars Nobilis bietet ihren Besuchern in jedem Jahr ein zusätzliches Highlight. In der zentralen Sonderausstellung lag der Fokus bisher auf ausgesuchten Porzellanen aus Meißen oder Möbeln aus der Werkstatt der Gebrüder Abraham und David Roentgen in Neuwied. In diesem Jahr schlägt man eine Brücke zu der fast gleichzeitig stattfindenden Sculptura – jener internationalen Skulpturenmesse im Deutschen Historischen Museum, die hier zum ersten Mal zu finden ist.

Die Idee zum Thema „Skulptur in der Fotografie“ schälte sich in den Überlegungen der Aussteller bald heraus. Schließlich hat man in den eigenen Reihen die Fotoexpertin Johanna Breede. Die Frau und Partnerin des auf der Ars Nobilis vertretenen Schmuckhändlers Ulf Breede leitete sieben Jahre lang die Fotoabteilung des Auktionshauses Villa Grisebach und nahm die Aufgabe an. „Das war eine Herausforderung“ meint Johanna Breede, „man konnte einmal gezielt darüber nachdenken, welche Fotografen sich mit der Skulptur auseinandergesetzt haben.“

Sechs Fotografen aus den westlichen und östlichen Bundesländern sprach sie an. Gemeinsam traf man eine Auswahl von etwa 40 Schwarz-Weiß-Arbeiten. Der jüngste Fotograf ist Torsten Warmuth. Der 1968 geborene Berliner hat in seinem sechs Meter langen Tableau aus 14 Einzelaufnahmen Passanten in unterschiedlichen Belichtungszeiten fotografiert. Eilig scheinen sie einem unbekannten Ziel zuzustreben. Man schaut ihnen zu und fühlt sich an Eadweard Muybridges fotografierten Bewegungsstudien erinnert.

Wenn man über Fotografie und Skulptur nachdenkt, ist auch das Thema des Denkmals nicht weit. Damit hat sich Sibylle Bergemann intensiv beschäftigt und die so skurril anmutenden, teilweise demontierten Helden ihrer ostdeutschen Heimat abgelichtet. Je ein sitzendes und stehendes Paar Beine ist auf ihren Bildern zu sehen – mehr nicht. Die Figuren sind ab dem Brustkorb aufwärts um Kopf und Kragen gebracht und wirken so surreal wie aus einem Gemälde von René Magritte mit seinen steinernen Gästen. Stefan Moses hat sich ebenfalls mit dem Verschwinden der Diktatoren befasst. Die Bilder sind in Halle kurz nach der Wende entstanden und zeugen von der Ratlosigkeit im Umgang mit den Abbildern der ehemaligen Machthabern.

Ruinen, Monumente, Tempel, Statuen und Skulpturen waren die gefragten Objekte der teilweise anonymen frühen Reisefotografie. Das Ferne wurde über die Fotolinse nah herangeholt. Für die Documenta 11 fotografierte die Kölner Fotokünstlerin Candida Höfer eine ganze Serie der „Bürger von Calais“ von Auguste Rodin. Viele skulpturale Werke der bildenden Kunst sowie der Baukunst sind dem Betrachter erst über die Fotografie bekannt geworden, man denke an die Akropolis oder das Taj Mahal oder Michelangelos David in Florenz, die „Unendliche Säule“ von Constantin Brancusi. Kaum jemand hat sie im rumänischen Targu Jiu im Original gesehen. Aber über die Abbildung ist sie präsent.

Die in Hamburg lebende Fotografin Ingrid von Kruse hat auf ihrer ersten Fotoreise nach Rom und Sizilien in Agrigent monumentale Tempelreste in der einsamen Landschaft eingefangen. In Venedig fotografierte sie den Kopf eines der Rosse auf dem Dogenpalast in einem Ausschnitt so lebendig, dass man glaubt, es werde sogleich anfangen zu schnauben und davonstieben. Lakonisch wenden in einem riesigen Maschinenraum als Dependance des Kapitolinischen Museums in Rom zwei antike Skulpturen dem Betrachter ihre makellose nackte Rückenansicht zu. Die Aufnahme stammt von der mit ihren Pressefotos der Zeitgeschichte bekannt gewordenen Barbara Klemm. Auf einem anderen Bild blickt sie aus großer Höhe auf das Grabmal eines Paares in einer Kirche. Auf der Expo 1970 in Osaka beobachtet sie Besucher in einer mit überlebensgroßen Paneelen strukturierten Halle. Die winterlich vermummten Menschen scheinen so Teil der Inszenierung zu werden – wohl fühlen sie sich augenscheinlich nicht dabei.

Leben hauchte der 1999 verstorbene Stuttgarter Fotograf Hannes Kilian den Skulpturen des „Triadischen Balletts“ von Oskar Schlemmer ein. Kilian war auf Theaterfotografie spezialisiert. In seinen Aufnahmen erwachen die statischen Kunstkostüme dank der Schauspieler, die sie überziehen, zu einem künstlich-menschlichem Eigenleben.

„Es hat große Freude gemacht“, meint Kuratorin Johanna Breede, „die Fotografen auf diesen speziellen Aspekt ihrer Arbeit anzusprechen.“ Dass diese ihr eine exzellente Auswahl überlassen haben, daran lässt die Ausstellung keinen Zweifel. Ein bis dahin wenig behandeltes Thema lässt die Ars Nobilis zusätzlich glänzen – ganz ohne Farbe und Digitaltechnik.

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