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Kultur: Artgerechte Haltung

hält Ausschau nach neuen konservativen Meisterdenkern Als Helmut Kohl den Schulterschluss zwischen Geist und Macht suchte, fuhr er nach Wilflingen. Dort lebte Ernst Jünger, der konservative Geistesheros.

hält Ausschau nach neuen konservativen Meisterdenkern Als Helmut Kohl den Schulterschluss zwischen Geist und Macht suchte, fuhr er nach Wilflingen. Dort lebte Ernst Jünger, der konservative Geistesheros. Angenommen, wir bekämen doch noch eine CDU-Kanzlerin – bei wem könnte die wohl ihren Antrittsbesuch machen? Ob die aus Templin stammende Angela Merkel wohl bei ihrem uckermärkischen Nachbarn Botho Strauß klingeln würde? Schwer vorstellbar.

Die Schwierigkeiten beginnen damit, einen richtig konservativen Schriftsteller ausfindig zu machen. Am ehesten käme Martin Mosebach in Betracht: ein feinsinniger Ästhet und gediegener Stilist, befreundet mit dem „Manieren“-Autor Asfa-Wossen Asserate. Just Mosebach aber hat erklärt, was es unmöglich macht, heute noch konservativ zu sein. All das, was dazu gehört – „Stabilität bis hin zur wohltuend empfundenen Stagnation“, „religiöse Bindung“ und „Gegenwart der Vergangenheit und der Toten“ – sei nur noch ein „ferner schattenhafter Traum“. Ob aus den Trümmern doch noch etwas zu retten ist, erfährt man vielleicht am 22.9. im Literaturhaus (20 Uhr, Fasanenstr.23, Charlottenburg). Dann liest Mosebach aus seinem neuen Roman „Das Beben“ (Hanser). Es geht um einen Architekten, der im indischen Königreich Sanchor einen Palast in ein Luxushotel verwandeln soll. Außerdem wird viel über heilige Kühe meditiert. Wem das zu befremdlich klingt, für den hat Mosebach noch ein zweites Buch am Start: „Du sollst dir ein Bild machen. Über alte und neue Meister“. Es wird am 25.9. in der Akademie der Künste präsentiert (Pariser Platz 4, Mitte, 20 Uhr), wenn Mosebach und Gustav Seibt („Canaletto im Bahnhofsviertel. Kulturkritik und Gegenwartsbewusstsein“) während einer Doppelpremiere aus ihren Essaybänden lesen (beide Verlag zu Klampen).

Auch bei einem bekanntermaßen linkskritischen Geist wie F.C. Delius brauchte eine CDU-Kanzlerin nicht klingeln. In „Die Minute mit Paul McCartney“ (Transit) schildert er eine Szene im Londoner März 1967: Zwei junge Männer spielen Fußball, McCartneys bissiger Hund gesellt sich dazu, und im Studio um die Ecke wird „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ aufgenommen. Eine Hommage an die Beatles? Gewiss. Aber sicherlich auch eine an Raymond Queneau, den Meister der „Stilübungen“. Delius nämlich erzählt die Geschichte in 66 Varianten, einige davon trägt er am 20.9. (20 Uhr) in Marga Schoellers Bücherstube vor (Knesebeckstr.23, Tiergarten) .

Nun noch der Hinweis auf einen Musik-Wort-Akrobaten der speziellen Art: Am 25.9. (20 Uhr) liest der Deutschrocker Heinz Rudolf Kunze im Frannz Club (Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36, Prenzlauer Berg) aus der Textsammlung „Artgerechte Haltung“ (Links). Kunze wurde 1981 mit dem Song „Bestandsaufnahme“ bekannt. Desillusioniert heißt es schon dort: „Wir wählen selbstverständlich weiter SPD“ – und sei es aus Gewohnheit.

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