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Theaterregisseur Claus Peymann verlässt das Berliner Ensemble 2017.

© dpa/Hannibal Hanschke

Update

Attacke auf Berlins Kulturstaatssekretär: Claus Peymann: „Tim Renner größte Fehlbesetzung des Jahrzehnts“

"Unerfahren und völlig überfordert" - Theatermacher Claus Peymann schimpft auf Kulturstaatssekretär Tim Renner - und erhält Rückendeckung aus der Behörde von Kulturstaatsministerin Grütters.

Kein Aprilscherz, wenn auch datiert auf den 1. April: Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, schimpft in einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf dessen Kulturstaatssekretär und nennt Tim Renner „die größte Fehlbesetzung des Jahrzehnts“. Der frühere Musikmanager habe in seiner neuen Funktion „noch kein Fettnäpfchen ausgelassen: Vom ,Live-Streaming‘ der Premieren bis hin zu dem Vorschlag, die Eintrittspreise für Opern und Theater anzuheben. Mir bricht buchstäblich der Angstschweiß aus, wenn ich mir vorstelle, was dieser unerfahrene und in dieser Position völlig überforderte Mann bereits angerichtet hat – und was uns noch erwartet“, schreibt Peymann. Der 77-jährige Theatermacher, bekannt für seine polternden Interventionen im (kultur-)politischen Betrieb, geht auch auf die Nachfolge seines Volksbühnen-Kollegen Frank Castorf ein: „Nun soll auch noch die einst so ruhmreiche Volksbühne zum soundsovielten Event-Schuppen der Stadt gemacht werden: ein Super-GAU wie damals die Schließung des SchillerTheaters. Hoffentlich ruft noch jemand ,April, April’“

Wer wird sein Nachfolger? Frank Castorf leitet die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz noch bis 2017.
Wer wird sein Nachfolger? Frank Castorf leitet die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz noch bis 2017.

© AFP

Peymann spielt auf die Möglichkeit an, dass Chris Dercon, zum Nachfolger des 2017 scheidenden Volksbühnen-Intendanten Frank Castorf ernannt werden könnte. Kulturstaatssekretär Tim Renner reagierte auf den Offenen Brief mit einer kurzen Erklärung, in der er den Regisseur Peymann als „stilprägend“ würdigt. Man sei froh, mit ihm „ noch eine Weile zusammenzuarbeiten“, und verstehe, „dass er als scheidender Intendant von Wehmut geprägt ist“, bedaure aber auch, „dass er nur noch bedingt für Änderungen und Neuerungen offen zu sein scheint. Unverständlich ist jedoch, dass er sich bezüglich der von ihm häufig kritisierten Volksbühne an der Verbreitung von Spekulationen und Gerüchten beteiligt“.

Auch der Sprecher von Monika Grütters mahnt einen verantwortlichen Umgang mit der Volksbühne an

Grütters' Sprecher Hagen Philipp Wolf forderte im Zusammenhang mit der Castorf-Nachfolge erneut einen „verantwortlichen“ Umgang mit der Volksbühne und warnte davor, Doppelstrukturen bei den Berliner Kultureinrichtungen zu schaffen. „Außerhalb von Berlin könnte dann die berechtigte Frage entstehen, ob das hohe Engagement des Bundes noch vertretbar ist“, warnte Wolf.

Und die Berliner Grünen-Abgeordnete Sabine Bangert erklärte zu Peymanns Kritik: „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich mit Herrn Peymann eine nahezu 100-prozentige Übereinstimmung erziele, aber ich muss sagen: Er hat recht. Und ich hoffe, dass der Regierende Bürgermeister und Kultursenator möglichst bald sein Gesprächsangebot annimmt."

Peymann hat sich in seinem Schreiben auch darüber beklagt, dass Müller ihm auf die schriftliche Bitte vom 18. Dezember um ein persönliches Gespräch über das Fehlen jeglicher Perspektive und Vision in der Berliner Kulturpolitik nie geantwortet habe. Er erinnert daran, dass Müller als amtierender Kultursenator „für die Agenda der Berliner Kulturpolitik verantwortlich“ sei.

Am Dienstag hatte die Berliner Kulturverwaltung mitgeteilt, dass Frank Castorf bis 2017 Intendant der Berliner Volksbühne bleibt. Sein bis 2016 laufender Vertrag wird um ein Jahr verlängert. Dies habe der Senat auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters und des Kultursenators beschlossen. Der Intendant und Regisseur hatte zuvor gesagt, dass es in Berlin großes Interesse gebe, dass er aufhört. „Wir haben jetzt eine kleine Verlängerung, aber keine, die ausreichen würde, die Volksbühne neu zu strukturieren“, hatte der 63-Jährige in einem Interview mit der "Zeit" bereits vor dem Senatsbeschluss gesagt. Tsp (mit dpa)

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