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Kultur: Auf dem Dach

Gianni Agnelli stiftet Turin eine neue Pinakothek – mit 25 Bildern

Das Lingotto in Turin ist ein 600 Meter langes Gebäude mit fünf Stockwerken und einer weltweit einmaligen Auto-Teststrecke auf dem Dach. Auf dem Dach in luftiger Höhe erhebt sich jetzt der „scrigno“, zu Deutsch: die Schatzkiste. Es ist ein nach unten hin schmaler werdendes Rechteck aus Stahl, das an seinen Seiten nicht ein einziges Fenster hat und nur über eine Treppe aus dem Inneren des Gebäudes erreicht werden kann. Architekt Renzo Piano hatte ein Ziel: die Schatzkiste sollte sich wie schwebend über dem riesigen Gebäude erheben. „Dieser Bau ist ein Metallprodukt und somit Teil dieser ehemaligen Fabrik“, erklärt Piano. „Der Kasten hätte auch hier hergestellt werden können, früher, als man hier noch Autos baute.“ Der „scrigno“, so der Architekt, „erfüllt nur einen Zweck: er soll die Kunst beschützen.“

Renzo Pianos neues Werk wirkt von der Autoteststrecke aus gesehen wie ein Wasserbehälter für eine Sprinkleranlage. Schön ist es nicht unbedingt. Es ist funktional. Betritt der Besucher den „scrigno“ vom Lingotto aus, gelangt er in einen einzigen Raum. Hier wird der Schatz des Lingotto aufbewahrt: 25 Gemälde, ein Geschenk von FIAT-König Gianni Agnelli und seiner Frau Marella. Das Paar entschied sich, einige der schönsten Bilder ihrer Privatsammlung der Heimatstadt Turin zu vermachen. In Pianos Stahlbox hängt nun Matisse neben Canaletto, dazu Picasso und Balla, Modigliani und Renoir.

Für nur 25 Gemälde wirkt die Bezeichnung „Pinakothek“ etwas anmaßend. Doch sollte man den Kasten als Teil eines faszinierenden Ganzen sehen: des Lingotto. Das riesige Gebäude ist in den letzten Jahren von Renzo Piano grundlegend umstrukturiert worden. Das Innere änderte dabei seine Struktur grundlegend. Nur die beiden Rampen, mit denen man auf das Dach mit der Teststrecke für Autos fahren kann, wurden beibehalten. Im neuen Lingotto gibt es ein Designhotel, eine Shopping-Mall, eine Konzerthalle, die weltweit erste Fakultät für Auto-Ingenieurwissenschaften, ein FIAT-Museum und jetzt die Schatzkiste auf dem Dach. All das zusammen, untergebracht in einem der eigenwilligsten Industriebauten Europas – macht einen Besuch im neuen Lingotto so reizvoll.

Thomas Migge

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