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Kultur: Auf der Kippe

Das Bröhan-Museum zeigt Gemälde von Leistikow.

Der Kaiser verabscheute das Gemälde „Grunewaldsee“ von Walter Leistikow. Das Publikum aber konnte nicht genug bekommen von diesen stillen, gefühlverhangenen Landschaften, die die nüchterne Mark Brandenburg plötzlich um so vieles geheimnisvoller wirken ließen. „Die Welt will Grunewald von mir“, schrieb Leistikow an Gerhart Hauptmann. Er war erfolgreich mit seinen Landschaftsbildern und watete, nach eigenen Aussagen, im Geld . Leistikow gehörte damals schon zur „Gruppe der Elf“, die sich vom Verein Berliner Künstler unabhängig machen wollte. Womöglich war es nur ein Gerücht, dass die Jury der Großen Berliner Kunstausstellung mehrere seiner Gemälde zurückgewiesen habe, darunter auch den „Grunewaldsee“. Aber das Gerücht reichte aus, dass sich aus Protest die Berliner Secession gründete, mit Walter Leistikow als Erstem Sekretär.

Das Bröhan-Museum zeigt nun fünfzehn Leistikow-Werke aus dem Nachlass von Werner und Irmgard Küpper (bis 27. 1., Di-So 10-18 Uhr). Natürlich sind auch Grunewaldbilder dabei. Leistikow, in Bromberg (heute Bydgoszcz) geboren, verdichtet den Wald, bis er die Abgeschiedenheit seiner Kindheitslandschaft erreicht. Mit seiner Familie verbrachte er ganze Sommer im Grunewald. Besonders schön sind aber weniger bekannte Motive wie der „Abend an der Nordsee“,wo Sand und Himmel in stichigem Gelb konkurrieren. Leistikow galt als emsiger Manager, verlässlicher Freund und geselliger Unterhalter, aber er konnte auch hitzig provozieren. In seinen friedlichen Landschaften und aggressiven Farben zeigt sich beides. Auf den Aquarellen türmen sich Berge schroff übereinander, sommerlich versonnen strahlt dagegen eine Villa im scheckigen Schatten der Bäume. Die Gemälde befinden sich in unterschiedlichem Zustand. Einigen sieht man den liebevollen Umgang im Privathaushalt an. Das Museum kombiniert die Schenkung mit bisherigen Beständen. Es kann jetzt ein Werk zeigen, das auf der Kippe steht zwischen Romantisierung und Rebellion. Simone Reber

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