zum Hauptinhalt

Kultur: Aufgewühlt

Kent Nagano mit dem DSO in der Philharmonie.

Arnold Schönbergs Symphonische Dichtung „Pelleas und Melisande“ stützt sich auf die Tradition des Musikdramas. Die Komposition gewinnt bei Kent Nagano die Aura eines Höhenfluges, weil ihm das Dramatische der Musik entgegenkommt. Als Ehrendirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters, das er von 2000 bis 2006 geleitet und gehegt hat, bevor er hoffnungsvoll zur Bayerischen Staatsoper ging, kehrt er quasi heim. Da ist zunächst die Vertrautheit der Begegnung mit den Musikern in Schuberts Symphonie Nr. 5, selbstverständliche Flexibilität, klassizistische Anmut, aber auch eine Gelassenheit, die keine individuelle Handschrift trägt. Das Bild ändert sich mit dem Violinkonzert von Alban Berg, gewidmet „Dem Andenken eines Engels“. Gemeint ist die früh verstorbene Manon Gropius. Dieses Werk, das dem Zwölfton ein Kärntner Lied und einen Bach-Choral einfügt, bietet konzertante Abenteuer.

Thomas Zehetmair spielt das Solo um Mädchenbild und Klage mit feinem Glanz der Töne. Wichtiger noch, dass bei ihm jeder Doppelgriff und jedes Flageolett Mittel des Ausdrucks ist. Die gleichwertige thematische Sprache des Orchesters fordert Nagano heraus, das Wesen der lyrischen Symphonie zu betonen.

Schönbergs „Pelleas“, ohne Kenntnis der Debussy-Oper nach Maeterlincks Drama komponiert, ist ein Stück gefühlter „Tristan“. In Naganos Interpretation wird eher das Neue der Partitur evident als das Straussische. Verzerrte Thematik, chromatische Gänge, gewaltige Liebesszene: Es klingt so aufgewühlt und zugleich strukturbewusst, dass große Programmmusik triumphiert. Sybill Mahlke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false