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Ausstellung: Charité zeigt Geschichte der Allergien

Heuschnupfen oder Nesselsucht gibt es wohl seit Menschheitsgedenken. Doch es dauerte Jahrhunderte, bis juckende Augen mit einer allergischen Erkrankung in Verbindung gebracht wurden.

Berlin - "100 Jahre sind vergangen, seitdem der medizinische Fachbegriff durch den Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet erstmals in der Münchner Medizinischen Wochenschrift geprägt wurde", sagte Karl-Christian Bergmann vom Berliner Allergie-Centrum-Charité anlässlich der bundesweit ersten umfassenden Ausstellung zu diesem Thema. "Von den Leistungen des Forschers profitiert die Wissenschaft noch heute", fügte er hinzu.

In der heute eröffneten Schau auf dem hauptstädtischen Charite-Gelände wird dargestellt, dass Pirquet die Zusammenhänge zwischen Immunität und Überempfindlichkeit entdeckte und den Vorläufer des Allergietestes erfand. "Der Arzt hatte beobachtet, dass Nebenwirkungen nach einer zweiten Injektion nicht erst wie bei der ersten nach zehn Tagen auftraten, sondern innerhalb weniger Minuten", erläuterte Bergmann, der auch Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Allergie-, Dokumentations- und Informationszentrums (ADIZ) ist.

Erste Katzenhaarallergie um 1570 entdeckt

Doch schon Jahrhunderte zuvor gab es erste - zwar noch unwissenschaftliche - Erkenntnisse über allergische Reaktionen. So berichtete Pietra Andrea Mattioli bereits im Jahre 1570 darüber, dass ein in einem Raum versteckter Kater bei einem Menschen starke Beschwerden hervorrief. Der Mediziner erkannte, dass die Tierhaare hierfür verantwortlich waren.

Schon rund zwei Jahrzehnte zuvor konnte der Mailänder Arzt Gerolamon Erzbischof von Edinburgh, John Hamilton (1511-1571), erfolgreich behandeln. Nach 40-tägiger Beobachtung des Patienten ließ er das mit Federn gefüllte Bettzeug gegen eines aus Seide und Leinen mit Stroh austauschen. "Die Folge: Die möglicherweise durch eine Bettfederallergie ausgelösten Anfälle verschwanden", erklärte Bergmann bei einem Rundgang durch die Schau.

Heuschnupfen von Briten erforscht

Die ersten Hinweise zum Heuschnupfen gehen auf den Londoner Arzt John Elliotson (1791-1868) zurück. Nach der Beobachtung eigener Patienten äußerte der Mediziner 1833 erstmals die Vermutung, dass Gräserpollen die Auslöser für eine Krankheit sein könnten.

Heute wisse die Wissenschaft, dass die Menschen beispielsweise immer mehr unter Pollen, Tierhaaren, Federn oder Hausstaubmilben litten, sagte der Direktor der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie im Charite-Campus Mitte, Wolfram Sterry. "Allein 20 Prozent aller Menschen, die Medikamente einnehmen, weisen beispielsweise allergische Reaktionen auf der Haut auf", ergänzte er.

Allergie-Erkrankungen nehmen in Industrieländern zu

Nach Angaben der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) nehmen die Allergie-Erkrankungen in die Industrieländern dramatisch zu. In Europa seien inzwischen etwa 30 Prozent der Bevölkerung davon betroffen. Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2010 jeder Zweite an einer Allergie leidet. Die Kosten durch Allergien werden in der EU auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt. Deshalb plant die Bundesregierung einen nationalen Allergieplan. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) kündigte kürzlich an, das Thema auf die politische Tagesordnung zu setzen, "um dieser Plage eines Tages Herr werden zu können". (tos/ddp)

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