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Ausstellung: Große Werk-Schau von Immendorff

Einen Überblick über nahezu das gesamte Werk des Malers und Bildhauers Jörg Immendorf zeigt ab Samstag die Städtische Galerie Karlsruhe. Er zählt zu den wichtigsten deutschen Künstlern der Gegenwart.

Karlsruhe - Der Schüler von Joseph Beuys erhält in diesem Jahr den renommierten "Goslarer Kaiserring". Die Städtische Galerie in Karlsruhe widmet dem 61-Jährigen jetzt eine große Ausstellung. Der in Düsseldorf lebende Maler und Bildhauer ist bis zum Hals gelähmt, auf ein Beatmungsgerät und den Rollstuhl angewiesen. So könne er die Ausstellung nicht selbst eröffnen, sagte die Direktorin der Städtischen Galerie, Erika Rödiger-Diruf.

Die Schau in Karlsruhe zeigt einen Überblick über nahezu das gesamte Werk Immendorffs. Mehr als 70 Gemälde, Grafiken und Plastiken aus drei Schaffensphasen des Künstlers von den 60er Jahren bis 1995 sind zu sehen. Nur die neueren Arbeiten des 61-Jährigen, der seit acht Jahren an der zur Muskellähmung führenden, unheilbaren Nervenkrankheit ALS leidet, fehlen. "Diese vierte Schaffensphase ist mir letztlich fremd geblieben", sagte die Museumsdirektorin.

Die Ausstellung "Jörg Immendorff - Facetten eines Werks" beginnt mit den 60er und 70er Jahren, in denen Immendorff sich als politisch links orientierter Maler zeigt. Zu sehen sind Gemälde mit so genannten "LIDL"-Babys, die, aufgeblasenen Babypuppen ähnlich, zum Weltfrieden aufrufen. Die Werke tragen Titel wie "Für alle Lieben in der Welt" (1966) und "hapmi lieb" (1968). "Dass die Babys die Gesichtszüge Mao Tse-tungs haben, entspricht Immendorffs damaligem Weltbild", betonte Rödiger-Diruf. Passend dazu wird unter dem Titel "Eine Künstlerfaust ist auch eine Faust" (1972) eine Porträtserie kommunistischer Führer gezeigt.

"Abfallhaufen der Geschichte"

Zu sehen sind auch comicartig verfremdete Bilder Immendorffs von Mitgliedern der damaligen Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD). Die 1975 entstandene Serie trägt den provokanten Titel "Abfallhaufen der Geschichte". Schmidt wird dabei als pfeiferauchender "Arbeitslosenkanzler" porträtiert.

Werke aus der zweiten Schaffensperiode thematisieren den Kalten Krieg und die deutsche Teilung, vor allem mit der großformatigen Bilderserie "Café Deutschland". In den 19 Werken, die von 1978 bis 1982 entstanden, tauchen schemenhaft der Bundesadler, das Brandenburger Tor, Stacheldraht und dunkle, bespitzelnde, wolfsartige Gestalten auf. Als Symbol für die Vereisung der Beziehungen zwischen DDR und BRD wählte Immendorff eine riesige Eisscholle.

In der dritten Phase reflektiert Immendorff etwa in den "Café de Flore"-Bildern seine eigene künstlerische Existenz. Sein gleichnamiges Gemälde von 1990/1991 zeigt einen Gemüsemarkt, auf dem mehrere bereits verstorbene und lebende Menschen platziert sind - darunter bekannte Maler, er selbst als jüdischer Händler und eine nackte Frau mit den Zügen der Schauspielerin Rita Hayworth.

"Realistischer Surrealist"

Immendorff bezeichne sich zu Recht als "realistischer Surrealist", sagte Rödiger-Diruf. Seine Bildräume seien "sowohl wirklichkeitsnah als auch Traumwelten". Bei dem Gespräch am 3. Juli habe der Künstler klargestellt, "dass er nicht daran denkt, seine Bilder zu enträtseln".

Die Museumsdirektorin sagte, ihr gehe es auch darum, Immendorff "aus der Boulevardpresse-Ecke herauszuholen". Immendorff war 2004 in die Schlagzeilen geraten, nachdem er in einem Düsseldorfer Nobelhotel zusammen mit Prostituierten Kokain konsumiert hatte. Diese Episode will die Ausstellung verblassen lassen. "Die Leute sollten sehen, was ihn als Künstler ausmacht", sagte die Museumsdirektorin.

Die vor allem aus der privaten Garnatz-Sammlung stammenden und teilweise von der Städtischen Galerie angekauften Exponate werden durch Leihgaben aus Privatbesitz ergänzt. Die Ausstellung ist 29. Oktober zu sehen. (tso/ddp)

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