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Architektur: Schöner tanken

Agip-Hund und Servicecenter: Eine Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt/Main.

Einst war der Hund der beste Freund des Menschen. Dann verdrängte das Auto den Hund. Eine solche Assoziation muss dem Bildhauer Luigi Broggini durch den Kopf gegangen sein, als er 1952 am Wettbewerb für das Logo der italienischen Tankstellenkette Agip teilnahm. So zeichnete er einen drachenartigen Hund mit sechs Beinen: vier für die Autoreifen, zwei für die Beine des Fahrers. Nach einer anderen Version hat Agip-Chef Enrico Mattei in den Wettbewerb eingegriffen und den feuerspeienden Vier- in einen Sechsbeiner verwandelt.

Dieser Historie zwischen Fakten und Legenden geht nun das Deutsche Architekturmuseum (DAM) nach. Die eher kultur- statt bauhistorische Schau „Agip – Die Tankstelle des Wirtschaftswunders“ zeichnet den Aufstieg der Marke in den Fünfziger- und Sechzigerjahren nach, legte doch die Firma schon damals Wert auf das, was man heute Corporate Identity nennt. Die Bauten wurden standardisiert, und das Logo mit dem schwarzen Hund vor gelbem Hintergrund begegnet einem etwa auch auf dem Overall des Tankwarts.

Eine ebenso erhellende wie amüsante Schau, auch wenn sie zur Bauweise der Agip-Tankstellen nicht viel beitragen kann. Das ist den wenigen Dokumenten geschuldet, denn Tankstellen wurde früher kaum Beachtung geschenkt – sie galten als zu banal. Die jetzt aus dem Agip-Archiv kommenden 80 Schwarzweiß-Fotos entstanden eher für Werbezwecke, zeigen also nur selten Architektur pur, sondern zackige Tankwarte vor schnellen Schlitten oder junge Kerle auf ihren Mopeds.

Ein unbeackertes Feld für Architekturhistoriker tut sich hier auf, während andere Industriebauten längst gewürdigt wurden. Dabei haben sich schon prominente Baumeister an Tankstellen versucht, von Hans Poelzig 1929 über Mies van der Rohe 1934 bis zu Jean Prouvé 1951. Freilich wurden ihre Ideen nicht realisiert. Nur Norman Fosters standardisierte Tanke mit vier verschiedenfarbigen Dächern steht seit 1997 mehrfach in Spanien. Eine gute Entscheidung von DAM-Kuratorin Dorothea Deschermeier, die Agip-Story um einen kursorischen Überblick über die Tankstellen-Historie von 1900 bis heute zu ergänzen.

Der rasante Aufstieg der staatlichen Agip-Marke ist dem agilen Enrico Mattei zu verdanken, einem Typ vom Schlage Silvio Berlusconis. 1958 hob ihn der „Spiegel“ aufs Titelblatt, als „mächtigsten Römer seit Augustus“ Damals hatte Mattei bereits Kontakte bis nach Russland und in den Nahen Osten geknüpft. Er war so klug, das Rohöl nicht mit Geld, sondern mit Technik für Bau und Unterhalt der Pipelines zu bezahlen.

So ergibt sich aus der Firmengeschichte die Historie der Bauten und des Designs, obgleich Mattei kein so ausgeprägt intellektuelles Profil verfolgte wie Olivetti, die andere große Marke Italiens. Mattei schuf eine populäre Marke und verfolgte seine Ideen eher spontan. Seine männlichen und weiblichen Tankwarte sollten blütenweiße Hemden oder Blusen tragen, die Männer zudem Krawatten – was die Fotos freilich teilweise Lügen strafen. Neben jeder Zapfsäule stand solch ein schmuckes Wesen und scharwenzelte eilfertig um den Fahrer, bis der zufrieden davonbrauste.

Mattei hatte die geniale Idee, neben dem Benzinverkauf viel Service zu bieten – mit Kiosk, Bar, Restaurant, Motel und Werkstatt. Dazu ließ er 13 Tankstellentypen entwerfen, vom kleinen Bau in der Innenstadt bis zum Großbau entlang der Verkehrsadern. So wurde aus der unwirtlichen Tanke ein schicker Treffpunkt für Müßiggänger.

Frankfurt/ Main, Deutsches Architekturmuseum, Schaumainkai 43, bis 14. März.

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