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Fotografie: Fahne und Futternapf

Heimatbilder: Das Frankfurter Architekturmuseum zeigt preisgekrönte Fotografien.

Ein ödes Industriegebiet in Hamburg, verwaist und leer. Zu einem Flachbau mit altrosafarbener Fassade und roter Fahne auf dem Dach strömen bunt gekleidete Menschen. Drinnen erinnern nur Stützen und Rasterdecke an die ehemalige Funktion als Lagerhaus. Eine afghanische Hindugemeinde hat einen Tempel daraus gemacht, mittels Ornamentfliesen, Teppichen und Tüchern. Eine neue Heimat fernab der alten. Meike Hansen hat sie fotografiert und sich damit um den Europäischen Architekturfotografie-Preis 2009 beworben. Gewonnen hat sie nicht, aber immerhin eine Anerkennung erhalten.

Die alle zwei Jahre verliehene Auszeichnung wurde 1995 ins Leben gerufen. Man wollte die Architekturfotografie aus der Nische der Fachzeitschriften holen und ihre Bedeutung stärken. Was auch gelang – auch wenn es nicht allein ihr eigener Verdienst ist. Seitdem die Baumeister mit Computerprogrammen arbeiten, kommt die künstlerische Handschrift abhanden, die sich vormals in Ansichtsskizzen manifestierte. Dafür dominieren eintönige Perspektiven. Baupläne, ohnehin nicht leicht lesbar, sind vollends trostlos geworden. Fotos kompensieren das, indem sie die sachliche Perspektive mit dem subjektiven Blicke vereinen. So sind längst in Architekturschauen mehr Fotos als Pläne zu sehen.

Das Deutsche Architekturmuseum Frankfurt am Main hat die Zeichen der Zeit erkannt und arbeitet mit „Architekturbild“ zusammen, dem Verein, der den Foto-Preis auslobt. Das Museum erhält mit der Übernahme von 900 Fotos der bisherigen 200 Teilnehmer ein bedeutendes Archiv und richtet den Preis künftig mit aus. Derzeit stellt es die drei Sieger von 2009 vor – und 26 weitere, mit Auszeichnungen oder Anerkennungen bedachte Fotografen, wie Meike Hansen mit ihren Tempelbildern.

Den mit 6000 Euro dotierten ersten Preis erhielt der Münchner Stephan Sahm für seine ironische Dokumentation einer Miniaturwelt innerhalb unserer Welt. Er fotografierte quietschbunte Plastikutensilien von Kleintieren: den orangefarbenen Futternapf, die grüne Rutsche, das hellblaue Laufrad. Ein gnadenlos ausgeleuchtetes Horrorkabinett.

Solcher Sarkasmus bleibt beim Jahresthema „Neue Heimat“ die Ausnahme, haben die meisten Fotografen doch eher konventionelle Vorstellungen davon, wie ein Zuhause aussehen soll. Florian Profitlich fotografierte ein Neubaugebiet in der Ukraine; die Bauherren bringen von der Arbeit im westlichen Europa „alte“ Ideen für die neuen Häuser mit, von verwinkelten Anbauten bis zu Rundbogen- und Dreiecksfenstern. Menno Aden setzt Hausfassaden in Gehwegen, Kiesbetten und Rasenstreifen fort – eine erschreckend konforme Ordnung. Das Heimat-Thema: ein Appell an Architekten und Bauherren, aus der immergleichen Ästhetik auszubrechen. Christian Huther

Deutsches Architekturmuseum, Schaumainkai 43, Frankfurt/Main, bis 30. Juni. Der Katalog kostet 24,80 €.

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