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Kultur: Ball im Aus

Ein

von Bernhard Schulz

Frei Otto, der bald 80jährige Architekt und Altmeister „leichter Flächentragwerke“, erhält die Goldmedaille des Royal Institute of British Architects. Das zum einen. Zum anderen wird das Münchner Olympiastadion Ende Juni zum Schauplatz der „größten Opernproduktion aller Zeiten“. Nun ist aber Frei Otto der Ingenieur-Architekt des Münchner Zeltdaches, jener seit seiner Errichtung zu den Olympischen Spielen von 1972 weltweit bewunderten, leichthin schwingenden Überdachung des gemeinsam mit Günter Behnisch entworfenen Stadions. Demnächst wird es als Heimstatt der Münchner Profi-Fußballklubs ausgedient haben, wenn diese in ihre eigene, allein dem Fußball vorbehaltene Kommerzarena im Norden Isar-Athens umziehen. Was die Stadt danach mit dem dann unwirtschaftlich werdenden Olympiastadion anfangen will, ist bislang nicht auszumachen. Da kommt eine Oper, auf der weltweit größten Bühne und von 500 Mitwirkenden bevölkert, kurz nach Abschluss der Bundesligasaison gerade recht. Allein, 34 Wochenenden wie der etwas herbere Fußball weilt Regisseur Zhang Yimou mit Puccinis „Turandot“ – was auch sonst! – nicht in der Stadt. Und ebenso wenig stehen Pop-Gruppen, die das weite Stadionrund füllen könnten, allsonnabendlich auf dem Programm.

Das ist das Dilemma: München besitzt eines der schönsten Bauwerke der bundesdeutschen Nachkriegsära – und weiß doch, wo der Bundesligafußball eigene Wege geht, nichts mehr damit anzufangen. Ein anderer Stadionbaumeister aus unseliger Zeit schwadronierte vom künftigen „Ruinenwert“ seiner Großbauten. Wenn München sich nicht allmählich aufrafft, weist der Weg des Olympiastadions in diese Richtung. Frei Otto wird den Abstieg hoffentlich nicht erleben müssen. Und wir ebenso wenig.

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