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Kultur: Bang, Bang, Boom!

PANORAMA-Eröffnung: „Brothers of the Head“

Es beginnt wie ein Horrorfilm: Ankunft eines geheimnisvollen Fremden in einer düsteren Landschaft, tote Vögel sind vor zerfallenen Schlössern aufgepfählt, dann aber fällt die Klappe, und der grauhaarige Regisseur Ken Russell erzählt von „Two-Way Romeo“, seinem unvollendeten Spielfilm über die siamesischen Zwillinge Tom und Barry Howe. Weggefährten kommen zu Wort, und ein Fake-Dokumentarfilm begleitet den Lebensweg der Jungs. Die früheren Bandmitglieder werden, um dreißig Jahre gealtert, noch einmal befragt, der alerte Bassist von damals sitzt jetzt behäbig vor dem Mischpult im eigenen Studio. Auch Dokumentarfilmer Eddie hat die Band begleitet und steuert Bilder der Live-Auftritte bei.

„Brothers of the Head“, der Eröffnungsfilm des Panoramas, erzählt eine dunkle Geschichte von Verlorenheit, künstlerischer Rivalität und Rockmusik – ein verstörendes Spielfilmdebüt von Keith Fulton und Louis Pepe, mit durchaus komischen Momenten, nach dem Roman des Science-Fiction-Autors Brian W. Aldiss.

Die siamesischen Zwillingen Tom und Barry Howe werden vom lieblosen Vater an einen Musikmanager verkauft und zu Rockstars hochgepäppelt, um der britischen Musikszene als „das nächste große Ding“ vorgeführt zu werden. Schnell finden sie Gefallen am Rockzirkus und rasieren sich punkig die Ecken am Haaransatz aus. Immer wieder kommt es zwischen ihnen zu Gewalttätigkeiten, aber die dämonische Wucht ihrer Beziehung kanalisiert sich ihrer Band „The Bang Bangs“. Bald kommt es zum ersten Auftritt in einem ländlichen Pub, „The Bang Bangs“ schlagen ein wie eine Bombe. Grobkörnige, wacklige Konzertbilder erzählen vom Wesen der Rockmusik und vom frühen Punk, von Schweiß, schreienden Mündern, Intensität, Schmerz und Freude an der Verletzung. Die außergewöhnliche Band hat Erfolg. Groupies, Alkohol und Drogen kommen dazu, die Zwillinge nehmen alles mit. Als Tom und Barry bemerken, wie sie manipuliert werden, wird auch ihr Hass größer, die Drogen machen sie paranoid und depressiv. Zwischendurch verlangt auch der Horrorfilm sein Recht: In Barrys Schulter schlummert ein unentdeckter, dritter Bruder.

Clive Langer komponierte den Soundtrack zu „Brothers of the Head“ Er lässt den Songs Zeit, sich zu entwickeln, von den ersten jämmerlichen Akkorden und den schüchternen, schiefen Gesangsversuchen bis zu den elektrisierenden Auftritten mit den Hits der „Bang Bangs“, einer Mischung aus klassischem Rock im Stil der „Small Faces“ und aggressivem frühen UK-Punk. Manchmal verliert der Zuschauer den Überblick und bringt die verschiedenen Erzählebenen durcheinander. Doch die glänzende schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller, Zwillinge auch im wahren Leben, hält den Film zusammen. Sie stellen die unerträgliche, wahnsinnige Nähe und fast erotische Intimität der Brüder zwingend und glaubwürdig dar.

Heute 21 Uhr (Cinemaxx 7), 10. 2., 20.30 Uhr (Cinestar 3), 12. 2., 23 Uhr (Cinestar 3), 17. 2., 22.30 Uhr (Colosseum)

Christiane Rösinger

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