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Kultur: Baß erstaunt

Unter den Linden ist er schon als König und als Minister aufgetreten, war böser Onkel und tolpatschiger Nebenbuhler, Nachtwächter und väterlicher Freund verängstigter Mädchen.Und doch teilt Kwangchul Youn, seit 1994 unbestritten eine der Stützen des Staatsopern-Ensembles, das Schicksal der meisten seiner Bassisten-Kollegen - am Ende merkt sich das Publikum doch wieder nur die Namen des soprantenoralen Liebespaars.

Unter den Linden ist er schon als König und als Minister aufgetreten, war böser Onkel und tolpatschiger Nebenbuhler, Nachtwächter und väterlicher Freund verängstigter Mädchen.Und doch teilt Kwangchul Youn, seit 1994 unbestritten eine der Stützen des Staatsopern-Ensembles, das Schicksal der meisten seiner Bassisten-Kollegen - am Ende merkt sich das Publikum doch wieder nur die Namen des soprantenoralen Liebespaars.Am Dienstag nun hatte er die Bühne des Apollo-Saals einmal ganz für sich allein: Und er nutzte die günstige Gelegenheit, um mit einem klug zusammengestellten Liedprogramm seine Stimme im besten Licht zu präsentieren.Bei aller Klangfülle ist Youns Baß kein vokales Schwergewicht; sein Trumpf ist eine geschmeidige Beweglichkeit von der samtigen Tiefe über die schnell sich aufhellende Mittellage bis hin zur lichten, unangestrengten Höhe.Hinzu kommt eine größtmögliche gesangstechnische Kontrolle, die es ihm ermöglicht, ebenso sanft in eine Melodielinie hineinzugleiten, wie das Phrasenende in zart verklingendes Piano aufzulösen.Dabei bleibt der Stimmcharakter stets nobel und warm, das Timbre hat dabei immer etwas Tröstendes, selbst wenn Youn von Seelenschmerzen singt.Und weil Youn das weiß, wählte er aus dem Schubertschen Oeuvre auch vor allem introvertiert-ruhige Lieder aus, bei denen er - sensibel unterstützt von Helmut Oertel am Klavier - die Atmosphäre der flächigen Klangräume voll entfalten kann.Fast schon adventlich-besinnlich klangen da auch Hugo Wolfs Buonarroti-Lieder.

Aber Kwangchul Youn hat auch distanziertere, elegant-ironische Töne parat, etwa für Francis Poulencs "Chansons Gaillardes", deren derbe Scherze er durch bewußt aristokratische "Erzählhaltung" doppelt hintersinnig zünden läßt.Und er ist ein mitleiderregender Don Quichotte in Jacques Iberts kleinem Zyklus, wenn er ebenso ritterlich dem Tod ins Auge blickt, wie er zuvor nach allen Regeln seines Standes der holden Dulcinée ein Ständchen dargebracht hatte.Ende Dezember singt der vielseitige Bassist wieder den Sarastro in der "Zauberflöte", im Januar ist er bei der Neuproduktion von Reinhard Keisers "Croesus" unter René Jacobs dabei.Auch wenn die anderen dann wieder nur auf das Liebespaar schauen - Eingeweihte werden sich ebenso auf Kwangchul Youn freuen.

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