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Kultur: Bereit zur Übernahme

Offenbar gelingt einer privaten Initiative, was bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz immer weiter versandet: ein kleines Zentrum für Fotografie. Unter dem Label "c/o Berlin" wollen die Betreiber (Designer Marc Naroska, Architekt Ingo Pott und Fotograf Stephan Erfurt) zwar keine Alternative zum geplanten "Deutschen Centrum für Photographie" sein, aber - so heißt es selbstbewusst - eine "Bereicherung für die Stadt".

Offenbar gelingt einer privaten Initiative, was bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz immer weiter versandet: ein kleines Zentrum für Fotografie. Unter dem Label "c/o Berlin" wollen die Betreiber (Designer Marc Naroska, Architekt Ingo Pott und Fotograf Stephan Erfurt) zwar keine Alternative zum geplanten "Deutschen Centrum für Photographie" sein, aber - so heißt es selbstbewusst - eine "Bereicherung für die Stadt". Was die drei Herren in einer alten DDR-Gießerei für Orden und Medaillen inzwischen eingerichtet haben, kann sich sehen lassen, obwohl die Sanierung des Hauses noch nicht einmal abgeschlossen ist.

Der Name "c/o" spielt noch auf die Zeit an, da die Ausstellungen im ehemaligen Postfuhramt gastierten, das als Postadresse herhalten musste. Die Übernahme einer Retrospektive der berühmten Fotoagentur "Magnum" im Jahr 2000, die in Deutschland sonst keinen geeigneten Ort fand, war die Geburtsstunde von "c/o Berlin". Danach folgten im Postfuhramt noch zwei Ausstellungen zu Martin Parr und Alfred Eisenstaedt. Mit Erfolg: Insgesamt kamen über 30 000 Besucher.

Die neuen Räume in der Linienstraße bieten nun die Möglichkeit, das Konzept von "c/o" zu erweitern. Auf den 460 Quadratmetern stehen nicht nur Ausstellungen an, sondern ebenso Tagungen, Vorträge und die Einrichtung einer Fachbibliothek: Ein Kommunikationsort ohne dogmatische Abgrenzungen soll so entstehen. Die Rolle als Veranstaltungsort ist - neben den Eintrittsgeldern für Ausstellungen - übrigens die einzige Möglichkeit für Einnahmen. Eine öffentliche Förderung lehnt das Betreibertrio ab.

Um schnell auf etwaige Übernahmemöglichkeiten zu reagieren, wird das Programm von "c/o Berlin" auf die klassische "Fotografie als Fotografie" setzen. Die erste Präsentation gilt Peggy Sirotas Projekt "Guess who?". Sirota, die in Los Angeles für Magazine wie "Rolling Stone" oder "Vanity Fair" arbeitet, hat mit ihren Fotos eine Art Ratespiel inszeniert. In den Jahren von 1994 bis 2000 hat sie 170 Hollywood-Stars und Pop-Größen porträtiert. Nur sind die sonst so bekannten Berühmtheiten unter Masken versteckt, mal nur mit den Füßen im Bilde oder sie haben sich sonst wie unkenntlich gemacht. Um den Ratespaß für den Betrachter noch zu steigern, hat Sirota die Namen der Abgebildeten anagrammatisch auf dem Bilderrahmen vermerkt: Der Kopf mit ins Gesicht gekämmten Haaren und dem Basilikumblatt vor dem Mund heißt MTO URCRIES. Wer nicht lange rätseln will, nimmt eine bereitliegende Übersetzungsliste zu Hilfe und liest: Tom Cruise.

Nicht immer ist des Rätsels Lösung schwierig. Jack Nicholson erkennt man trotz Hut und der bis zur Nase hochgezogenen Bettdecke sofort. Ob mit Hühnerkopf wie John McEnroe oder in Strumpfmaske wie Jennifer Tilly, die mannigfaltige Maskerade scheint für die fast zu Tode fotografierten Stars ein besonderer Spaß gewesen zu sein, als spielten sie eine lang gewünschte Rolle. Manchmal gelingen Sirota einfach nur schöne Bilder, mitunter aber möchte man Charakterstudien vermuten - wenn etwa Architekt Richard Meier wie ein kleines Kind am Boden mit Legosteinen spielt, oder Mia Farrow sich in die Arme eines riesigen Teddybärs vergräbt.

Ronald Berg

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