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Hana Geißendörfer, 30, hat in Paris an der Filmhochschule studiert und auch schon als Regisseurin gearbeitet.

© Mike Wolff

Berlinale: Auf Skurrilitätensuche

„Der Bunker“ von Regisseur Nikias Chryssos, ist ein Familiendrama, das vor groteskem Humor sprüht. Die Produzentin Hana Geißendörfer hat ihr Handwerk von der Pike auf gelernt.

„Eine solche Geschichte“, sagt die Koproduzentin, „habe ich im deutschen Kino noch nicht gesehen.“ Okay, muss sie jetzt ja sagen. Stimmt aber. „Der Bunker“ von Regisseur Nikias Chryssos, ausgewählt für die Perspektive Deutsches Kino, ist ein Familiendrama, das vor groteskem Humor sprüht. Und Hana Geißendörfer, richtig, die Tochter des Autorenfilm-Pioniers und „Lindenstraßen“-Produzenten Hans W. Geißendörfer, hat mitgeholfen, ihn auf die Beine zu stellen. Sie kennt Chryssos von einer WG-Party in Paris, wo sie an der internationalen Filmhochschule studiert hat. Sie verfolgt seine Arbeit seitdem kontinuierlich. Und als „Der Bunker“ sich über Crowdfunding nicht finanzieren ließ, „habe ich das Drehbuch meinem Vater geschickt und ihn gebeten, es sich mal anzuschauen“, erzählt Geißendörfer.

Das Projekt haben Vater und Tochter dann ohne Förderung zu realisieren geholfen. Was im Falle von Hana Geißendörfer auch bedeutete, das Team ab und zu mit zum Set zu fahren oder mal um Mitternacht Pizza zu holen. Nicht eben die klassischen Produzentenaufgaben. Aber an der Besetzung, mit der Chryssos kam, hätte sie zum Beispiel ohnehin nichts ändern wollen: „Ein Erstlingsfilm lebt doch davon, dass der Regisseur seine Vision umsetzen kann."

Skurrile Geschichte, skurriles Setting

„Der Bunker“ erzählt die Geschichte eines Studenten (Pit Bukowski), der als Untermieter in die klaustrophobische Waldbehausung eines Ehepaars (Oona von Maydell und David Scheller) gerät. Die beiden haben einen achtjährigen, irgendwie seltsam wirkenden Sohn namens Klaus (Daniel Fripan), für den sie einen Lehrer, oder genauer: Zuchtmeister suchen. Skurrile Geschichte, skurriles Setting. Gedreht wurde in Kleinmachnow, überwiegend in einem leer stehenden Haus, das in den irrlichternden Märchen-Bunker verwandelt wurde. „Die Ausstattung hat einen Traumjob gemacht, oder?“, fragt Geißendörfer. Sie ist mit einer Rolle Filmplakate unterm Arm zur Verabredung in einer Bar am Potsdamer Platz erschienen, Wandschmuck für die Premierenfeier-Location. Sie ist wirklich stolz auf das Projekt. Der erste Langfilm, an dem sie wesentlich beteiligt war.

Leben spielen. Farzana Nawabi und Farima M. Nazir in „Mina Walking“.
Leben spielen. Farzana Nawabi und Farima M. Nazir in „Mina Walking“.

© Yosef Baraki

Dabei scheint „Der Bunker“ die denkbar fernste Gegenwelt zum Fernsehkosmos aufzumachen, in dem sich Hana Geißendörfer jetzt auch bewegt. Seit Januar ist sie neben ihrem Vater offiziell Produzentin der „Lindenstraße“. Mit gerade mal 30. Wobei ihr der Job nicht einfach qua Erbrecht in den Schoß gefallen ist. Sie hat die Mutter aller deutschen Soaps früher nicht mal geschaut, schlicht weil sie in London ohne deutsches Fernsehen aufgewachsen ist. „Da muss ich einiges aufholen“, lacht sie und rechnet gleich mal vor, dass es 31 Tage dauern würde, wenn sie 24 Stunden am Stück alle Folgen schauen würde.

Was ihr großer Vorteil sein dürfte

Inzwischen kennt sie die Sendung aber vor allem hinter den Kulissen bestens. Sie hat bei der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion (GFF) Praktika absolviert, ganz unten angefangen: hat Bänder überspielt, Online-Trailer geschnitten, war Regiepraktikantin und -assistentin. Schließlich gehörte sie zwei Jahre lang auch zum Autorenteam. Und wenn man sie fragt, was denn der Reiz ihrer neuen Aufgabe sei, entgegnet sie lachend: „Na, hören Sie mal. 30 Jahre Fernsehgeschichte!“

Was Hana Geißendörfers großer Vorteil sein dürfte: dass sie tatsächlich alle Seiten einer Produktion kennt. Sie ist ja selbst auch Regisseurin und Autorin mehrerer Kurzfilme. Ihr Langfilmdebüt, das in Tirol realisiert werden soll und von der belasteten Freundschaft zweier junger Eiskunstläuferinnen erzählen wird („klassischer Erstlingsfilm!“), schiebt sie gerade an.

Eins ihrer Werke trägt den Titel „Hermann“. Sie hat damit den Hauptpreis auf dem Festival in Palm Springs gewonnen, es lief auch in Hof und in Mumbai. Es ist die Geschichte eines älteren und ziemlich einsamen schwulen Mannes, dessen bester Freund ein Wellensittich ist. Der muss, als sein Besitzer wieder mal eine Liebesenttäuschung erlebt, leider Federn lassen. Wie sich herausstellt, ist der Mann ein Wellensittich-Serienmörder. „Auch ein bisschen schräg“, bekennt Geißendörfer. Und genau dieses Faible für abseitige Geschichten will sie sich auch als Produzentin der GFF bewahren: „Es braucht mehr ‚Bunker‘!“
Den TV-Kosmos „Lindenstraße“ kennt sie: Zwei Jahre gehörte sie zum Autorenteam

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