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Kultur: Berliner Beitrag

Auf den gestrigen Beitrag von Antje Vollmer zur Diskussion um das Holocaust-Mahnmal antworten Willi Jasper und Julius H.Schoeps vom Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäisch-jüdische Studien in PotsdamAuch wenn man mit dem jüngsten Kompromißvorschlag des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Michael Naumann zum Holocaust-Mahnmal nicht einverstanden ist, muß man sein Konzept vor Unterstützerinnen wie Antje Vollmer, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, in Schutz nehmen.

Auf den gestrigen Beitrag von Antje Vollmer zur Diskussion um das Holocaust-Mahnmal antworten Willi Jasper und Julius H.Schoeps vom Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam

Auch wenn man mit dem jüngsten Kompromißvorschlag des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Michael Naumann zum Holocaust-Mahnmal nicht einverstanden ist, muß man sein Konzept vor Unterstützerinnen wie Antje Vollmer, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, in Schutz nehmen.Es ist kaum vorstellbar, daß Michael Naumann und Peter Eisenman mit ihrem Vorschlag die nomadischen "Urängste" des "wandernden Gottesvolkes" im Auge haben.Es ist nicht die Aufgabe eines Mahnmals im Land der Täter, wie die gutmeinende Theologin Vollmer meint, vorrangig an "die Urgeschichte und die religiösen Bilder des alten Israel" zu gemahnen und schon gar nicht kann in der deutschen Hauptstadt "ein überzeugendes Bild dafür gefunden werden, was in der jüdischen Tradition Erinnern heißt".Zum historischen Erinnern gehört übrigens auch die Vergegenwärtigung jenes makabren Vorgangs, daß Goebbels in Theresienstadt dem "ausgestorbenen jüdischen Volk" ein Mahnmal in Form eines Museums mit Bücherwänden und kostbaren Judaica-Sammlungen setzen wollte.Wie kann man heute als deutsche Nichtjüdin den jüdischen "Nomaden" - wie Frau Vollmer lutherbibelfest zu formulieren beliebt - "als einzigen festen Landbesitz" ihre "Grabstätten" zuweisen? Frau Vollmer ist offenkundig nicht in der Lage (oder willens) ein objektives deutsches und jüdisches Dilemma zu erkennen: Die zutage getretene Wechselwirkung zwischen Erinnerungsbereitschaft und nationalem beziehungsweise konfessionalem Selbstverständnis zeigt, daß es unterschiedliche Ausprägungen des Erinnerns und Gedenkens auf der Seite derer gibt, die Nachfahren der Opfer, und derer, die Nachfahren der Täter sind.Es war die Vermischung dieser unterschiedlichen Perspektiven, die zu den aufgetretenen Konfusionen und Mißverständnissen in der bisherigen Debatte geführt haben.Wenn der Naumann-Vorschlag ein tragfähiger Kompromiß sein soll, dann kann er das nur in dem Maße sein, wie er diese unterschiedlichen Perspektiven eindeutig thematisiert.

Frau Vollmer verwischt nicht nur diese unterschiedlichen Perspektiven, sondern gerät auch in eine gefährliche Nähe des überwunden geglaubten christlichen Antijudaismus.

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