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Kultur: Berliner Festwochen: Tagebuch: Aktuelle Veranstaltungen

Die musikalische Jahrhundert-Retrospektive der Festwochen sieht sich mancherlei Angriffen ausgesetzt, unter anderem dem, zu wenig Frauen zu berücksichtigen. (Wer fragt nach Schwulen, Farbigen oder Tonsetzern aus der DDR?

Die musikalische Jahrhundert-Retrospektive der Festwochen sieht sich mancherlei Angriffen ausgesetzt, unter anderem dem, zu wenig Frauen zu berücksichtigen. (Wer fragt nach Schwulen, Farbigen oder Tonsetzern aus der DDR?) Schwerer jedoch wiegt der Vorwurf, einzig Komponisten des westlichen Kulturkreises aufzuführen. Ausnahmen bilden allein der Koreaner Isang Yun, der nach seiner Emigration nach Deutschland asiatische Tradition mit europäischem Musikdenken und Instrumentarium verband, und Toru Takemitsu, der umgekehrt nach westlich geprägter Sozialisation sich erst als fast Dreißigjähriger der Musikkultur seiner japanischen Heimat zuwandte.

Takemitsus "Shûteiga - In an Autumn Garden" (1973/79) für traditionelles Gagaku-Orchester wirkt dann auch in Klangwelt und Form wie eine Verneigung vor der alten höfischen Musik Japans. Vom Reigakusha-Ensemble Tokyo unter der Leitung von Sukeyasu Shiba mit demütigem Ernst in der Hochschule der Künste dargeboten, nahm das Werk jenseits jeder Exotik mit seiner kreisenden, wechselnde Zentraltöne umspielenden Melodik für sich ein. Den sphärisch hohen, "ewigen" Klang der Shô, der japanischen Mundorgel, die beim Ein- und Ausatmen gespielt werden kann, erschien bald als chorischer Bordun, von Bambus-Flöten und -Oboen dominiert, bald als zum rauhen Cluster verdichtete Fläche. Die Höhepunkte aber bildeten konzertierende Interventionen, etwa das empfindsame Duo von Sukeyasu Shiba (Ryûteki, eine Querflöte) und Miyata Mayumi (Shô) im fünften Satz. "Je mehr man von dem reinen Glück erfüllt ist, Musik zu schaffen, desto tiefer ist die Traurigkeit unserer Existenz", notierte Takemitsu. Konzerte wie diese lassen dies nachvollziehen.

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