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Beutekunst: "Auf russischer Seite gibt es größere Offenheit"

Isabel Pfeiffer-Poensgen koordiniert die "Initiative Deutsch-Russischer Museumsdialog". Im Interview spricht sie über die Bemühungen, Bewegung in den verfahrenen Streit um Beutekunst zu bringen.

Berlin - Die politischen Verhandlungen um Beutekunst stocken. Moskau weigert sich, die während des Zweiten Weltkrieges nach Russland gelangten Kunstschätze zurückzugeben. 2005 schlossen sich deutsche Museen zu der "Initiative Deutsch-Russischer Museumsdialog" zusammen, um auf fachlicher Ebene den Kontakt zu fördern.

Über den aktuellen Stand der Arbeit sprach ddp-Korrespondentin Nadine Emmerich mit der Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, die die Initiative koordiniert.

ddp: Sie sind angetreten, um Bewegung in den Streit um die Beutekunst zu bringen. Ist das schon geglückt?

Pfeiffer-Poensgen: Wir stehen noch in den Startlöchern und möchten jetzt verschiedene Projekte auf die Schiene setzen. Was aber Mitarbeiter von Museen berichten, die in Moskau oder Sankt Petersburg waren: Die russischen Museen kennen die Initiative sehr genau, und es kommen sehr positive Reaktionen von dort. Die Kontakte zu russischen Kollegen haben sich seit dem vergangenen Sommer sehr intensiviert. Auf russischer Seite gibt es eine größere Offenheit.

ddp: Ziel war es, vor allem mehr Informationen über die in Russland lagernden Bestände zu bekommen. Wie sieht es damit aus?

Pfeiffer-Poensgen: Da gibt es sehr konkrete Fortschritte in Moskau, wo jetzt bei jedem Besuch mehr Depots geöffnet werden. Vor allem die Antikensammlung in Berlin hat durch Besichtigungen ganz viele Dinge entdeckt, von denen sie vorher noch nicht wusste, dass sie überhaupt existieren. Die Kleinarbeit kommt jetzt aber erst. Es gab im vergangenen November eine kleine Tagung in Moskau, bei der auch eine Reihe von Museen aus den russischen Provinzen waren. Es entstehen Netzwerke und Kontakte.

ddp: Wie einfach oder schwierig ist die Kooperation mit den russischen Partnern?

Pfeiffer-Poensgen: Die ist ganz unterschiedlich. Die russischen Kollegen sollen wissen, dass es um die fachliche Aufklärung geht und das gemeinsame Interesse, Kunstschätze zu erhalten und zu restaurieren. Es steht nicht in erster Linie die Frage der Rückgabe im Vordergrund. Das ist die politische Seite. Das ist auch die Sorge mancher russischer Museumsvertreter. Im Gegenteil: Wir wollen gemeinsam nach Lösungen suchen.

ddp: Also gibt es ein gewisses Misstrauen auf russischer Seite?

Pfeiffer-Poensgen: Es gibt in vielen Fällen gar keine Kontakte. Man muss sehr behutsam arbeiten und den Austausch fördern. Man muss ein Kollegennetzwerk schaffen, das eine gewisse Normalität bringt. So wie heute ein Kurator mit seinem niederländischen oder französischen Kollegen kommuniziert, wenn sie eine Ausstellung über einen bestimmten Maler machen wollen, so funktioniert es noch nicht.

ddp: Wie sieht die deutsche Politik Ihre Initiative?

Pfeiffer-Poensgen: Es ist uns schnell gelungen, klar zu stellen, dass wir nicht politisch verhandeln wollen, sondern dass es uns um Fachkontakte geht. Es gibt auch schon ganz konkrete Projekte, zum Beispiel die Planungen der Staatlichen Museen zu Berlin für die Merowinger-Ausstellung 2007 in Moskau und St. Petersburg, die von der Bundesregierung unterstützt werden.

ddp: Die Schau wird allerdings nicht in Deutschland zu sehen sein.

Pfeiffer-Poensgen: Die Ausstellung kann nicht reisen, weil Kunstgüter gezeigt werden, die zu dem Beutekunst-Komplex gehören und Russland nicht verlassen können. Wenn sie nach Deutschland kämen, müsste man nach deutscher Rechtsauffassung die Sachen hier behalten. Das geht natürlich nicht. Aber dass sie überhaupt mal gezeigt werden und dass man das zusammen macht mit deutschen Museen, ist schon ein wunderbarer Fortschritt. Es wird ein Katalog auf Deutsch, Englisch und Russisch erscheinen, der die Situation erklärt. (tso/ddp)

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