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Kultur: Blinde Blüten, kahle Bäume

„Rainy Days and Mondays“: eine Ausstellung von Rosilene Ludovico in der Galerie Zink Berlin

Sie sieht es kommen. Oder sie hat es kommen sehen. Und doch weigert sie sich hinzuschauen, als es dann direkt vor ihr ist. Aber warum will das Mädchen den unschuldigen Blumenstrauß nicht annehmen? Er ist noch gar nicht ganz im Bild, sondern am äußersten rechten Rand. Bringt jemand diese Blumen, oder sind sie eine Luftspiegelung?

Dieses kleine Gemälde „The Promise“ ist eines der geheimnisvollsten von Rosilene Ludovico. Es hat ein helles Gegenstück, das nicht weniger beunruhigend dasselbe Motiv zeigt, nur sind die Blumen im Bild angekommen und machen das Rätsel erst recht unlösbar. „Rainy Days and Mondays“ heißt Ludovicos Ausstellung in der Galerie Zink, zu der auch eine Monografie erschienen ist. Die 1969 in Brasilien geborene Künstlerin studierte in Düsseldorf Malerei und kehrte dank eines Stipendiums eine Zeit lang in ihre Heimat zurück. Nun schöpft sie aus der Erinnerung und versucht, das besondere Licht vor allem mit Farbverdünnung und ungewöhnlicher Mischung wiederzugeben.

Ein besserer Raum als die helle Galerie Zink lässt sich für ihre zarten Bilder nicht denken, die oft aus einem Nebel aufzutauchen scheinen. Zart sind sie, doch auch sehr insistierend, in den Motiven, ihrer Atmosphäre. Die Bilder weisen eine „mädchenhafte“ Handschrift auf, voller Eigensinn jedoch und etwas unheimlich. Der kahle Baum und die unausgemalte Blüte zeugen von Einsamkeit, die positiv besetzt ist. Die Künstlerin hat, dazu befragt, in einem Interview gesagt: „Die Einsamkeit ist immer schon ein Teil meines Lebens gewesen …“

Eine beruhigende Stimme könnte sagen: Dir ist niemand gefolgt. Denn die drei Mädchenfiguren auf einem anderen Bild sehen wie Ausreißerinnen aus. Ihre Haare sind das Auffälligste, lang, nach vorn fallend, das Gesicht verbergend, strähnig. Sie sitzen auf den Knien, als wären sie bei einem selbst ausgedachten Ritual, das die Verschworenheit stärkt. Und doch wirkt jede für sich verloren.

Besonders die kleinformatigen Arbeiten wirken in ihrer Intensität wie Traumbilder. Oft erinnern Ludovicos Gemälde an stehende Bilder aus einem melancholischen Film. Liebende – falls sie es einmal waren – werden nach Geschlechtern getrennt: auf einem Bild die junge Frau, auf dem andern der junge Mann, meist in Rückansicht. Auch ihre Behausungen werden wie einsam wartend dargestellt. Zwei Traumhäuser hängen nebeneinander. Zufluchtshäuser aus einem Albtraum: Auf violettem Grund, von Rosilene Ludovico klein und zärtlich gemalt, mit fein gezupftem Grün und fast idyllischem Zaun das eine, das andere mehr eine Hütte, aus der ein knorriger Ast wie ein Arm herauswächst.

Ein weiteres Zufluchtsbild zeigt ein Haus, das innig mit dem Strauch daneben verwachsen ist und sich wie aus dem Dämmer der Erinnerung erhebt. Drei weibliche Gestalten, die auf fast traditionelle Weise wie Grazien arrangiert sind, finden sich in einer ausradierten Natur: Wo man bei einer solchen Szene klassisch eine Lichtung im Grünen und eine blaue Bademöglichkeit entdecken kann, gibt es hier nur ein paar Farbtupfer. Und wieder jenen Nebel, aus dem alles hervorzugehen scheint. Bettina Klix

Galerie Zink, Schlesische Straße 27, bis 13. Oktober, Di–Fr 10–18 Uhr, Sa 11–18 Uhr

Bettina Klix

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