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Kultur: Brückenkopf der Kunst

Rot wie der Römer: Frankfurt/Main eröffnet den Neubau des Ausstellungsgebäudes Portikus

Von Anfang an haben den Frankfurter Portikus die eigenen Wände beschäftigt. Sie wurden durchbrochen und umgebaut, ausgiebig künstlerisch reflektiert und einmal auch abgetragen. Das war 2003 und wurde vom Berliner Künstlerpaar Elmgreen & Dragset besorgt.

Der kleine Kunstraum von Weltrang, 1987 von Kasper König als Ausstellungsstätte der Städelschen Kunsthochschule gegründet, musste 2003 dem Wiederaufbau des historischen Gebäudes der ehemaligen Stadtbibliothek weichen, an deren Fassade er als Container angebaut gewesen war. Doch das Provisorium und die Flexibilität waren dem Portikus als Gründungsgedanke eingeschrieben: Er sei eigentlich nie als Institution gemeint gewesen, sagt Daniel Birnbaum, der die Leitung von Kunstraum und Schule im Jahr 2000 übernommen hat, sondern immer als Werkstatt: „Ein Produktionsort – hier sollen neue Dinge entstehen.“

Eine Institution ist der Portikus trotzdem geworden. Nun hat er ein bleibendes Haus auf einer Insel im Main bezogen, an einer für Frankfurt zentralen Stelle. Im Rahmen eines umfangreichen architektonischen Wiederbelebungsprojekts hat der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler das Haus an die „Alte Brücke“ angebaut, die als historisches Stadtherz gilt. Da steht nun der aus dem Container geborene Kunstraum wie ein Fels in der Brandung. Und wieder sind seine Wände ein Thema: Sie sind ochsenblutrot (die historische Farbe des Frankfurter Römers) und ziemlich hoch – trutzburgartig behauptet der hoch geschlossene Turm sich gegen den Fluss.

Nach innen soll der Experimentiergeist sich weiter entfalten, rund hundert Quadratmeter mit großzügigen neun Metern Raumhöhe stehen dafür bereit. Von den Künstlern erwarte man „spannende Reaktionen auf eine gegebene Situation“, sagt Birnbaum: „Es ist immer ein Kampf mit der Architektur.“

Den Anfang hat Olafur Eliasson gemacht: Er bedient sich eines simplen (allerdings fast verschwenderisch großen) Fensters im Spitzdach, um die Botschaft nach draußen zu schicken, dass es zum hochgeschlossenen Außen auch noch ein lebendig pulsierendes Inneres gibt. Manch Frankfurter Bürger hat in den vergangenen Wochen, vom warm aus dem Portikus ausstrahlenden Halbrund gelockt, an der schweren (und abermals monumental hohen) Portikus-Tür gerüttelt.

Jetzt ist sie offen, der neue Portikus hat seine 140. Ausstellung eröffnet. Zwei weitere Künstler führen nicht nur die Portikus-Tradition eines „hohen Identifikationsgrades von Architektur und künstlerischem Eingriff“ (Kasper König) fort. Sie führen auch vor, dass es zum Durchbrechen starrer architektonischer Formen längst keiner weichen Wände und Vorschlaghämmer mehr bedarf. Marjetica Potrc hat ein in Prishtina existierendes Haus originalgetreu in den Portikus eingebaut: ein schnell zusammengezimmertes Potpourri aus historischen Baustilen und gerade verfügbaren Materialien, das Vorgefundenes und Überliefertes pragmatisch an individuelle Bedürfnisse und Vorlieben angepasst hat (die antikisierende „Säulenvorhalle“ etwa wird durch Abwasserrohre getragen). „Wir brauchen keine Architekten. WIR bauen eine neue Gesellschaft auf“, zitiert die Künstlerin auf einer Zeichnung einen Kosovaren.

Auch der in Frankfurt lebende Argentinier Tomas Saraceno hat sich von den vorgefundenen Mauern nicht einschüchtern lassen und neue Wände in den Portikus eingebaut. Genauer: schwebende Cluster aus Ballonmodulen, die aus tragfähigen Folien gefertigt und potenziell bewohnbar sind. Sie sollen, schwere Monumentalarchitekturen mit Leichtigkeit transzendierend, ganze Städte in den Luftraum heben. Seinen Werkstoff hat sich der Künstler patentieren lassen, auch Kontakte zur NASA sind schon hergestellt. Es ist ein groß angelegtes Zukunftsprojekt, aus dem der Portikus einen viel versprechenden Ausschnitt zeigt: „Ein überzeugendes Fragment dessen, was noch kommen kann“, sagt Birnbaum. Wenn das nicht nach Durchbruch klingt.

Marjetica Potrc: Personal States / Tomas Saraceno: Infinite Actives, Portikus Frankfurt, bis 18. Juni. www.portikus.de

Mirja Rosenau

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