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Buchmesse: Vertane Chance

Im Jahr vor der WM ist das Thema Fußball auf der Buchmesse schwach vertreten.

Frankfurt/Main - Die Stehkurve als letztes Männer-Reservat und die sexistischen Gesänge der Fans im Stadion: Fußballbegeisterte Frauen haben ein kritisches Buch «Gender kicks» («Geschlechterkicks») geschrieben, das am Donnerstag auf dem Fußballforum der Frankfurter Buchmesse vorgestellt wurde. «Es kann sich keiner richtig vorstellen, dass Frauen Männermannschaften trainieren könnten», kritisiert die Autorin Antje Hagel die immer noch große Kluft zwischen den beiden Geschlechtern im Fußball. Hagel betreut ein städtisches Fanprojekt in Offenbach.

Die durchaus provokanten Thesen des Buchs interessieren jedoch nur wenige im Forum. Vom großen Fußballfieber, das die Veranstalter im Vorfeld der WM im kommenden Jahr auf der weltgrößten Bücherschau inszenieren wollten, ist kaum etwas zu spüren. In Halle 1.2 - größer als ein Fußballfeld - sind recht lieblos rund 200 Fußball-Bücher auf Tischen ausgelegt. Neben vielen Fotos und Ständen von FIFA- und DFB- Sponsoren sorgen einige Tisch-Kicker und ein zum Spielen gedachter «Fußball-Käfig» für etwas Leben.

Zum Thema Buch und Fußball werden zwar bis Sonntag neue Bücher vorgestellt, zum Beispiel zum Fall des Skandal-Schiedsrichters Robert Hoyzer. Doch dass unzählige prominente Schriftsteller von Peter Handke («Die Angst des Tormanns beim Elfmeter») bis Ror Wolf («Das nächste Spiel ist immer das schwerste») auch über das runde Leder philosophiert haben, wird im Fußball-Forum nicht gewürdigt. Der englische Kult-Autor Nick Hornby, der über seinen Lieblingsverein Arsenal London ein viel gelobtes Buch («Fever Pitch») geschrieben hat, ist zwar mehrere Tage lang auf der Buchmesse - jedoch nicht im Fußball-Forum.

«Wir finden das hier etwas dürftig», sagt Henning Horl vom Rotbuch Verlag in Hamburg, einem der Sponsoren des Fußball-Forums. Mit einem KopfBall, auf dem Fußball-Sprüche von Schriftstellern und Trainern stehen, bietet Rotbuch das wohl originellste Produkt des Forums an. Ernst Happels Spruch «Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag» oder Albert Camus' Weisheit «Alles was ich über Moral weiß, habe ich vom Fußball», sind auf dem aus Kunstleder gefertigten Ball verewigt. Die erste Auflage mit den 6000 Bällen, die über den Buchhandel vertrieben werden, ist nach den Worten Horls bereits verkauft.

Nicht zufrieden mit dem Angebot auf dem Forum Fußball sind auch zwei Schülerinnen aus der Südpfalz, die mit ihrer Deutsch-Klasse auf die Buchmesse gefahren sind. «Es ist ein bisschen ruhig hier. Ich habe mir das doch viel größer vorgestellt», sagt die 17-jährige Christine Rehmund, die wie ihre Freundin eingefleischter Fan des 1. FC Kaiserslautern ist. Obwohl sich immer mehr Frauen für Fußball interessierten und in die Stadien gingen, nehme man sie immer noch nicht richtig ernst, beklagen die Jugendlichen und bestätigen damit eine These des Frauen-Buchs «Gender kicks». Der Sport verändere sich eben nur langsam, urteilt Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte, die das Gender-Buch herausgegeben hat. (Von Thomas Maier, dpa)

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