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Carl-Heinz Kliemann im Kunsthaus Dahlem: Erbe der Brücke-Künstlergruppe

Als sei ein gestandener Meister am Werk: Frühe Arbeiten des Berliner Nachkriegsmalers Carl-Heinz Kliemann im Kunsthaus Dahlem.

Am Kleistpark 1946 liegt Schnee. In dicken, rauen Schichten bringt der junge Maler Carl-Heinz Kliemann, gerade Anfang 20, das Weiß auf sein Sperrholzbrett, das die teure Leinwand ersetzen muss. Er kerbt heftige, klare Konturen in die feuchte Farbe: Bäume, Hausdächer, Fenster. Sattes, mattes Schwarz drängt nach vorn, der Himmel verdichtet sich bleigrau. Das alles wirkt so entschlossen komponiert, als sei ein gestandener Meister am Werk. Fast altmodisch. Sein Lehrer an der Berliner Akademie war Karl Schmidt-Rottluff. Als streng blickende Respektsperson und Dialogpartner hat Kliemann den Brücke-Veteranen mit wenigen Strichen porträtiert. Er selbst, Jahrgang 1924, gehörte einer anderen Generation an, war blutjung in Krieg und Internierungslager geraten und stand nun in den Startlöchern.

Wie sich der Berliner Kliemann in den Nachkriegsjahren bis Anfang der 1960er eine eigene künstlerische Position erarbeitete, zeigt das Kunsthaus Dahlem in einer präzise kuratierten Kabinettausstellung mit zehn Gemälden und 30 Papierarbeiten oben auf der Galerie des Hauses. Arbeiten seines Lehrers Schmidt-Rottluff kann man nebenan im Brücke-Museum betrachten. Abgrenzung und Anlehnung springen in Strich und Stil ins Auge. Vor allem die technisch meisterhaften, großformatigen Farbholzschnitte Kliemanns verraten das Brücke-Erbe. Bis zu vier verschiedene Druckstöcke für die einzelnen Farbtöne druckte er virtuos übereinander.

Wuchtige, struppige, störrische Bäume in breitestem Schwarz bewähren sich in seinen menschenleeren Landschaften und Vorstadtszenerien als Hauptprotagonisten. Sie suchen und geben Halt. Dass Kliemann an die Vorkriegsmoderne anknüpfte, kam im Kunstbetrieb nach 1945 gut an. Seine Kunst überforderte nicht, schlug Brücken zu der Kunst, die die Nazis verteufelt hatten. Kliemann verwarf die reine Abstraktion, die der westeuropäische Kunstbetrieb in den 1950ern als Königsweg proklamierte, und hatte gar nicht erst den Anspruch, Avantgarde sein zu wollen.

Stiltreues Reifen attestiert ihm der Altmeister der Berliner Kunstgeschichte Helmut Börsch-Supan in seinem Katalogbeitrag, der für Kliemann Partei ergreift. Dass die kleine Ausstellung mit einem überraschend üppigen Katalog aufwarten kann, ist der Kliemann-Stiftung zu verdanken. Solche Künstlerstiftungen brauchen Orte wie das Kunsthaus Dahlem, um das Erbe ihrer Stifter in die Öffentlichkeit tragen zu können. Für das Ausstellungshaus wiederum sind solche Kooperationspartner Lebenselixier.

Beharrlich verfolgt Leiterin Dorothea Schöne ihr Ziel, der figurativen Nachkriegskunst der 40er bis 60er, insbesondere der Bildhauerei, eine Plattform zu verschaffen. Während auf der Galerie Kliemanns farbstarke Landschaften und Holzschnitte leuchten, ist im Hauptraum des ehemaligen Breker-Ateliers noch die Skulpturenschau „Neue/Alte Heimat“ mit Exilkünstlern zu sehen. Wie sich ein Haus fast ohne Rückgriff auf eine eigene Sammlung als Forum einer bestimmten Kunstepoche etablieren kann, macht das Kunsthaus Dahlem vor. Das könnte ein Modell für das geplante Berliner Exilmuseum sein. Elke Linda Buchholz

Kunsthaus Dahlem, Käuzchensteig 12, Brücke-Museum, Bussardsteig 9, beide Ausstellungen bis 17. 6.; Mi bis Mo 11 – 17 Uhr.

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