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David Werker.

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Comedian David Werker: "Was ist schlimmer als Verlieren? Siegen"

Der 25-jährige David Werker studiert Germanistik in Siegen bei Bonn. Das allein ist Grund genug, Komiker zu werden. Mit dem Tagesspiegel spricht er über Siegerländer Tellerminen, seine Kochshow und den Gulp.

Herr Werker, in Ihrem Buch "Morgens 15:30 in Deutschland" unterscheiden Sie zwischen zwei Gruppen von Studenten. Die einen feiern, die anderen studieren in Siegen. War’s wirklich so schlimm?

Es war noch viel schlimmer. In Siegen ist der bekannteste Spruch: Was ist schlimmer als Verlieren? Siegen. Und das stimmt ja leider auch. Die schönsten Orte in Siegen sind eigentlich die Autobahnauffahrten nach Köln.

Sie studieren Germanistik, genauer gesagt einen Studiengang, der nach einer ansteckenden Krankheit klingt: LCMS.

Gut, Germanistik ist ja auch so ein bisschen ansteckend. Und als Germanist ist man gewohnt, dass die Leute über einen lachen. Von daher habe ich eigentlich einen relativ guten Einstieg gefunden ins komische Fach. LCMS ist eine umständliche Umschreibung für irgendwas, wo tatsächlich nix dahinter steckt. Kennt man ja auch von FDP.

Wann haben Sie gemerkt: Das ist kein Studium, das ist ein Comedy-Programm?

Das war in der Sekunde, als ich nach Siegen reingefahren bin. Da wusste ich schon: Oha, das wird lustig. Wenn einen viele Sachen aufregen, ist es einfach, Komik darin zu finden. Und da bietet die Stadt Siegen, obwohl sie so klein ist, doch eine ziemlich große Angriffsfläche. Sie besteht ja letztlich nur aus einem Puff und einem Leichenschauhaus. Ficken oder faulen – was anderes kann man da nicht machen.

Was verbinden Sie mit der Stadt Berlin?

Auf jeden Fall den Quatsch Comedy Club, weil ich damals da angefangen habe in der Talentschmiede und 2007 gewonnen habe. Siegen passt eben gefühlte 32 Millionen Mal in Berlin rein. Was man hier machen kann, ist schon beachtlich.

Erklären Sie mal einem Berliner, wo Siegen liegt!

Wenn man lang genug nach Osten fährt, ist man irgendwann in Polen, da ist es dann trostlos. Und wenn man in die andere Richtung fährt, kommt irgendwann Siegen. Da ist es dann genauso trostlos.

Den heimischen Dialekt haben Sie aber nicht angenommen.

Gott sei Dank nicht. Ich habe immer gelernt: Besser, eine Region ist mit Tellerminen verseucht als mit Siegerländer Dialekt. Man denkt ja auch erst, das seien Amerikaner, weil die so wröwröwrö sprechen. Man weiß nicht, wie das passieren konnte.

Sind Sie eigentlich noch Student?

Ja. Ich weiß aber gerade gar nicht, in welchem Semester. Heute macht man den Bachelor, früher hieß das Studienabbrecher. Aber ich hatte Nebenjobs, dabei ist noch ein bisschen Zeit draufgegangen.

Welche Nebenjobs hatten Sie denn?

Na, ich habe mir überlegt: Eine Tätigkeit im Sitzen wäre gut, im Liegen noch besser. Blutspenden zum Beispiel. Aber ich bin eh schon so ein blasser Typ. Ich habe mir dann abends mal eine Schürze umgebunden und bin in eine Kneipe gegangen, rappelvoll war die. Da habe ich mich an den Tisch gestellt und habe gesagt: Entschuldigung, ich habe jetzt Feierabend, ich würde gerne abkassieren.

Was ist denn anstrengender: Ein Referat über Rilke oder ein Auftritt bei der Comedy-Show Nightwash?

Ich fand Referate anstrengender. Das wird ja teilweise schon um 10 Uhr morgens von einem verlangt. Und da ist natürlich Nightwash ideal, weil es meistens erst um 22 Uhr stattfindet.

Sie sind vor einigen Tagen auf der Frankfurter Buchmesse aufgetreten, einer Veranstaltung, die sich sehr gerne sehr ernst nimmt.

Ach, nützliche Studententipps werden immer gerne genommen. Zum Beispiel schimmelt schmutziges Geschirr nicht, wenn man es einfriert. So was kann man ja streuen, damit kann jedes Alter etwas anfangen.

Seit kurzem gibt es von Ihnen Kochsendungen im Internet unter dem Motto „Günstiges Essen muss nicht lecker sein“.

Mit Kochen habe ich mich schon weit aus dem Fenster gelehnt. Damit hatte ich eigentlich nichts am Hut. Mittlerweile habe ich gelernt, dass man Ravioli auch warmmachen kann. Das sind alles keine Selbstverständlichkeiten.

Welches Rezept darf man denn als nächstes erwarten?

Wir haben noch ein sehr schönes Studenten-Sushi vorbereitet, das ist im Grunde "Bifi Roll" durchgeschnitten, Ferrero Rocher durchgeschnitten, ein gekochtes Ei durchgeschnitten. Das sieht im ersten Augenblick aus wie Sushi. Romantik muss ja nicht teuer sein. Einfach die Stadtwerkerechnung nicht bezahlen, dann kann das ein ganz netter Abend werden.

Was ist eigentlich ein Gulp?

Der Gulp entsteht, wenn man getrocknete Brötchen in Milch einweicht und dann noch ein bisschen Maaloxan und Rennie hinzufügt. Wenn man den Gulp dann ein bisschen ausbackt und rund ausschneidet, hat man Studentenpfannkuchen.

Haben Sie häufiger durchgemacht, als Sie freitags in der Uni waren?

Sicherlich. Viele Leute sind ja sehr überrascht, wenn sie erfahren: Was, freitags hat die Uni auf? Donnerstag auch? Viele wünschen sich ja Mittwoch Abend schon ein schönes Restwochenende.

Nach der langen Nacht von Montag auf Mittwoch?

Genau. Da braucht man dann auch mal ein bisschen Ruhe.

Haben Sie ein Vorbild unter den Komikern?

Aus dem letzten Jahrhundert Loriot. Er war großartig, wirklich der Meister aller Klassen. Auf der Bühne definitiv Atze Schröder. Vom Stil her ist eher Dieter Nuhr ein Vorbild. Der hat ja auch den studentischen Hintergrund.

Angefangen haben Sie mit Rüdiger-Hoffmann-Imitationen.

Ja, da war ich ja noch in der fünften oder sechsten Klasse. Ich habe einfach die Geschichten nacherzählt. Mir war klar: Das will ich selber hinkriegen, eigene Inhalte haben, Leute auch zum Lachen bringen. Ich habe dann gesagt, ich werde der nächste große Komiker. Da hatte ich schon den lautesten Lacher des Abends.

Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie ihnen mitgeteilt haben, dass Sie Comedian werden wollen?

Die haben mich erst mal enterbt. Da habe ich gesagt, gut, was soll’s, ihr seid doch Lehrer. Nö, im Ernst, die fanden das eigentlich sehr gut. Mein Vater ist ein Althippie, den würde ich nur beunruhigen, wenn ich irgendwann tatsächlich fertig würde mit dem Studium.

Und nebenher müssen Sie noch Prüfungen machen?

Das kann man ja nicht als Prüfungen bezeichnen. Man musste früher schon nicht besonders viele Seiten ausfüllen, wenn man das Studium abbrechen wollte, und das ist ja mit der Bachelorarbeit heute eigentlich das Gleiche.

Wollen Sie noch einen Master machen?

Ja, wieso nicht? Master klingt ja immer besser als Bachelor. Bachelor hat immer noch was von Rosenverkäufer.

Was soll der Master werden?

Och, da gibt’s vieles, was in Frage kommt. Gartenbau wäre nett.

Könnten Sie sich denn vorstellen, der erste berühmte promovierte Komiker zu werden?

Ich werde erst mal der erfolgreichste. Und dann werde ich vielleicht auch der erste promovierte.

Das Interview führte Jan Ludwig

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David Werkers Buch „Morgens 15:30 in Deutschland – Handbuch für aufgeweckte Studenten“ erscheint bei Langenscheidt und kostet 9,95 Euro.

Werker wird bald auch wieder in Berlin zu sehen sein: Vom 24. bis 28. November tritt er jeden Abend im Quatsch Comedy Club in der Friedrichstraße 107 auf.

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