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Drama, Slasher, Krimi: Eine Seite aus dem Buch.

© CrossCult

Postmoderne Superheldensaga: Bluttriefender Kindergeburtstag

Auf jeder Seite eine neue Idee: Der zweite Band der preisgekrönten Umbrella Academy, „Dallas“, besticht durch Bildgewalt und Zitateflut, hat aber ein entscheidendes Manko.

Geschichte wird gemacht. Oder zumindest versucht zu machen. Manchmal auch, in dem man versucht sie aufzuhalten, damit sie bleibt, wie sie wird – oder werden soll. Kommt noch jemand mit? Einfacher geht’s aber nicht. An ein bisschen Gehirnakrobatik kommt man bei Zeitreisegeschichten - und zu denen zählt der zweite Band der Eisner-Award-prämierten „Umbrella Academy“ - nun mal nicht vorbei.

„Dallas“ bringt uns zurück ins Jahr 1963, in jene Stadt in Texas, in der am 22. November der damalige Präsident John F. Kennedy erschossen wurde. Oder erschossen wird. Oder dessen Ermordung verhindert werden soll, damit Jahre später ein irres zuckersüchtiges Killerduo nicht in den Besitz von Atombomben kommt, und die Welt zu Teufel schickt. Die Motive der Figuren gehen hier ein wenig durcheinander. Ähnlich wie die vielen zum Teil parallelen Erzählstränge: Vietnam, Amerika, Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit, Drama, Slasher, Krimi.

Die Freude, die Gerard Way hatte, nach der „Weltuntergangs-Suite“ einmal mehr mit leuchtenden Augen den Supermarkt der Popkultur zu plündern, ist in jedem Panel greifbar. Auf jeder Seite präsentiert er eine neue Idee, oder besser gesagt ein neues Zitat: Gott als Cowboy, Monster im Vietnamkrieg, Killer mit niedlichen Masken, eine Zeitpolizei, die quer durch die Jahrtausende jagt, dazwischen die kaputte, neurosengezeichnete Superhelden-Familie Hargreeves, die versucht, sich nicht gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Gabriel Bá hat das wieder in schnelle, reduzierte, ein wenig windschiefe und häufig an Mike Mignola erinnernde Bilder gesetzt. Anzuschauen ist das wirklich schön – so man denn diesen bluttriefenden Kindergeburtstag mit einem solchen Wort bezeichnen möchte.

Eins jedoch vermögen Bildgewalt und Ideenflut leider nicht zu ersetzen: ein nach wie vor fehlendes Gespür für Tempo und Timing. Zwar hat Way die Komplexität seiner Erzählung gegenüber Band eins deutlich gesteigert, aber er rast durch den Plot. So toll ein paar seiner Ideen sein mögen, so schade ist es, dass er sie nicht pflegt, auf- und ausbaut. Stattdessen brennt er ein 150-Seiten-Feuerwerk ab, bei dem ein Knall vom nächsten übertönt wird. Kaum ist ein Trick vorgeführt, folgt der nächste. So aber verpufft die Wirkung, ermüdet schließlich und zu keiner der Figuren entsteht eine wirkliche Bindung. Schlussendlich lässt einen „Dallas“ damit erstaunlich kalt.

Gerard Way und Gabriel Bá, „The Umbrella Academy – Dallas“, Cross Cult, rund 190 Seiten, 22,- Euro, mehr unter diesem Link.

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