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Alter Ego: Jamiri ist seine eigene Hauptfigur.

© www.facebook.com/jamiricomics

Der Tagesspiegel-Fragebogen (29): 15 Fragen an - Jamiri

Wir haben Comicschaffenden je 15 Fragen gestellt - zu ihrer Arbeit, Vorbildern und zur Lage der Comic-Nation. Heute: Jamiri, dessen Album „Kamikaze d’Amour“ kürzlich neu aufgelegt wurde.

1. Was kommt bei Ihrer Arbeit zuerst: Worte oder Bilder?
Worte.

2. Hören Sie beim Zeichnen Musik, und wie beeinflusst Sie das?
Ja, ich höre Musik. Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass ich, wenn ich wirklich konzentriert arbeiten muss, nur noch Musik hören kann, die ich bereits kenne. Das beflügelt mich. Alles Neue fordert zu sehr meine Aufmerksamkeit und lenkt mich eher ab.

3. Was essen oder trinken Sie am liebsten bei der Arbeit?

Ich trinke bei der Arbeit Weißwein mit Wasser. Manchmal noch einen Espresso und einen Brandy. Aber nichts übermäßig kostspieliges. So Veterano. Sozusagen der VW Golf unter den Brandys. Bei der Arbeit zu essen, wäre (für mich) aber fatal. Ich würde müde.

4. Angenommen, Ihre Wohnung brennt: Welche Comics würden Sie auf jeden Fall aus Ihrem Regal retten?
Meine natürlich.

5. Welche Zeichner/Autoren waren für Ihre eigene Entwicklung die prägendsten?
Richard Corben. Don Lawrence. Gary Larson. Bill Watterson. Mir ist klar, dass die eine merkwürdige Sinngruppe bilden.

6. Welches Comic-Buch/Heft/Album würden Sie jemandem empfehlen, der sonst eigentlich keine Comics liest?
„Arsenicum Album“. Von mir.

7. Glauben Sie, dass dem Comic die Aufmerksamkeit zuteil wird, die er verdient?
Nein. Gerade in Deutschland verweigert sich das Feuilleton bis auf seltene Ausnahmen traditionell. Wir machen Kultur zweiter Klasse. Die Kommunikationsarchitektur „Comic“ kann selbst nichts dafür. Man weiß gar nicht, wer eigentlich schuld ist. Möglicherweise bringt das Genre / Medium, wie auch immer, einfach zu viel Mist hervor. Deshalb nimmt man uns in Sippenhaft. Ich weiß es nicht.

8. Welche zeitgenössischen Comiczeichner/innen verdienten mehr Aufmerksamkeit als sie sie im Moment haben?
Ich bin diesbezüglich nicht auf dem Laufenden. Aber es wird wohl so sein, dass sehr viel Wunderbares unter dem Radar eines größeres Publikums verbleibt, weil die Lage nun mal diejenige ist, die ich oben beschrieb.

9. Wenn Sie einen hoch dotierten Preis für das Comic-Lebenswerk zu vergeben hätten, wer würde ihn bekommen?
Ach, Preise. Nun, einer von den üblichen Verdächtigen würde ihn bekommen. Verdientermaßen. Denn für einen Preis muss man sich schon auch ein bisschen anstrengen. 

10. Wie würden Sie einem Blinden beschreiben, was das Besondere an Ihren Comics ist?
Vorlesen.

11. Woran arbeiten Sie derzeit, wenn Sie nicht gerade Fragebogen ausfüllen?
Ich arbeite an meinem zwölften Album, das im Herbst bei Edition 52 erscheinen soll. Zur Zeit ist Titelfindungs-Phase. Und Titel wie „Pornorama“ „Dotcom Dummy“ oder eben „Arsenicum Album“ sind schwer zu toppen.

Schonungslos: Auch seine eigene Beziehung muss für manche Pointe herhalten, wie in dieser Szene aus „Kamikaze d’Amour“.

© Jamiri/edition 52

12. Wieso würden Sie einem jungen Menschen raten, Comiczeichner/-autor zu werden – und wieso würden Sie ihm davon abraten?
Zuraten würde ich nie. Ich würde den brennenden Wunsch irgendwann billigen und unterstützen. Ich meine, ein junger Mensch, der es sich in den Kopf gesetzt hat, ausgerechnet in Deutschland Comiczeichner sein zu wollen – der ist doch eh ganz offensichtlich beratungsresistent. Und das allein berechtigt doch zu den schönsten Hoffnungen.

13. Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre Zeichnungen als gedruckte Bücher in der Hand zu halten?
Das war vor 21 Jahren das allergrößte! Es nimmt dann aber ab. Trotzdem ist man immer noch glücklich, wenn das Papier und der Druck hochwertig sind, und es nicht allzuviele Flecken und Vertipper in die ganze Auflage geschafft haben.

14. Welche Note hatten Sie im Kunstunterricht?
1.

15. Was können Sie überhaupt nicht zeichnen? 
Ich verstehe mich eigentlich gar nicht als Zeichner. Oder jedenfalls nicht in erster Linie oder in reinrassiger Form. Mich interessiert eher, was an der Schnittstelle zwischen Malerei und Fotografie möglich ist. Oder an der zwischen Wort und Bild.

Gnadenlos: Diese Szene ziert das Cover der Neuausgabe von „Kamikaze d’Amour“.

© Edition 52

Jamiri kam 1966 als Jan-Michael Richter zur Welt. Der diplomierte Kommunikationsdesigner veröffentlicht seit 1988 Comicstrips, anfangs im Bochumer Kulturmagazin „bospect“, später dann bei „Spiegel Online“ und „Unicum“, weswegen er als einer der meistgelesenen Comicschaffenden Deutschlands gilt. Seine Arbeiten wurden in bislang elf Sammelbänden veröffentlicht, kürzlich erschien bei seinem neuen Verlag Edition 52 das Album „Kamikaze d’Amour“ als überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Jamiri lebt und arbeitet als Comicautor/zeichner, Illustrator, Bühnenbildner und Herausgeber in Essen, ist verheiratet und verwendet in seinen Arbeiten mit Vorliebe Erlebnisse aus seinem eigenen Leben. Seine Website findet man hier, seine Facebook-Seite hier.

Haben Sie weitere Vorschläge, welche Comic-Künstler in dieser Reihe gewürdigt werden sollten? Schicken Sie uns eine E-Mail an comics@tagesspiegel.de!

Alle bisher erschienenen Folgen unserer Fragebogen-Serie finden Sie unter diesem Link. 

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