
Comic Noir: Ein kleines bisschen Horror-Werkschau
Seit Jahrzehnten kratzt Thomas Ott seine Alptraumbilder in Schabekarton. Jetzt gibt es eine weitere Sammlung seiner abgründigen Kurzgeschichten.
Der Tod hat viele Gesichter und Thomas Ott kennt sie alle. In seiner nun auch schon in Dekaden zählenden Karriere hat der Schweizer Künstler eine Vielzahl davon in seinen schwarzen Schabekarton gekratzt: Linie für Linie, Falte für Falte, Schatten für Schatten, mit einer an Robert Crumb erinnernden Ausdauer und Pedanterie. Mal erscheint der Tod als Killer, mal als Tretmine, mal als atomarer Fall Out, manchmal aber auch nur als ein Paar Scheinwerfer auf der Gegenspur. Es ist die Alltäglichkeit des Abgründigen, denen die in der Regel nur wenige Seiten langen Werke ihre beklemmende Wirkung verdanken. Verstärkt noch durch die irritierend unbestimmbare Epoche, in der die Geschichten spielen sollen.

„R.I.P.“ ist ein weiterer Sammelband von Ott, der knapp zwanzig schwarz-weiß Miniaturen aus den Jahren 1985 bis 2004 vereint. Ein kleines bisschen Horror-Werkschau sozusagen. Neben dem Sterben geht es darin immer wieder um Wahnsinn, Verzweiflung und Einsamkeit. Großzügig bedient sich Ott dabei bei Klassikern des Film Noir, bei sakralen Bildern. Anonyme Städte, einsame Motels und einsame Menschen sind seine Protagonisten. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Studie, die viel über Urängste und menschliche Abgründe erzählt – auch wenn in ihnen nie ein Wort gesprochen wird.
Thomas Ott, „R.I.P. – Best of 1985 – 2004“, Edition Moderne, 26 Euro, 192 Seiten. Zu Otts Website geht es unter diesem Link.