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Comic über Giftmörderin Gesche Gottfried

© Ingo Wagner (dpa)

Graphic Novel: Der Todesengel von Bremen

Barbara Yelin und Peer Meter haben die Geschichte der Giftmörderin Gesche Gottfried als Comic aufgearbeitet.

15 Menschen brachte die Giftmörderin Gesche Gottfried im 19. Jahrhundert um. Über Jahre mischte sie Familienmitgliedern und Bekannten Mäusebutter aus Arsen und Fett ins Essen. Ihre Opfer, darunter ihre Eltern, die beiden Ehemänner und ihre drei Kinder, starben qualvoll. 1831 wurde die Frau auf dem Domplatz enthauptet. Ihre Geschichte erscheint nun erstmals als Comic. „Gift“ schildert in Rückblenden die Gräueltaten und endet mit der Hinrichtung. Die schwarz-weißen Zeichnungen der Berlinerin Barbara Yelin zeigen eindringlich die Gedankenwelt der Giftmischerin.

„Sie war eine psychisch kranke Frau“, sagt Autor Peer Meter. „Es gab für keinen einzigen der Morde ein Motiv.“ Handlung und Dialoge stammen aus der Feder des Worpsweder Schriftstellers. Vor Jahren hatte er bereits ein Sachbuch über die Bremer Giftmörderin geschrieben, dies ist aber mittlerweile vergriffen. Für ein neues Sachbuch entzifferte er in jahrelanger Arbeit die handschriftlichen Protokolle von Gottfrieds Verhören. Die Prozessakten galten seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Erst 1986 wurden sie wieder entdeckt.

Die Dokumente brachten nach Angaben Meters überraschende Erkenntnisse. Schon lange bevor die Polizei Gottfried festnahm, gab es Hinweise auf die Morde.

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Morde ohne Motiv. Erst bringt Gesche Gottfried ihre Kinder um, dann andere ihr nahestehende Menschen.

© Illustration: Barbara Yelin/Reprodukt

„Es ist dreimal vor ihrer Verhaftung Mäusebutter an Lebensmitteln gefunden worden“, sagt Meter. Dennoch habe niemand etwas gesagt. „Die Mordserie hätte viel früher beendet werden können. Alle haben aber so getan, als wüssten sie nichts davon.“ Diese Sprachlosigkeit prangert auch der Comic an. Er zeige eine Stadt, die unfähig sei, sich die Serienmorde einzugestehen und damit umzugehen, sagt Meter.

Gottfried wurde sogar als „Engel von Bremen“ bezeichnet, weil sie ihre kranken Angehörigen so aufopfernd pflegte. Ihre Geschichte wurde mehrfach verfilmt und ist Thema des Theaterstücks „Bremer Freiheit“ von Rainer Werner Fassbinder.

Die Zeichnungen Yelins unterstreichen die düstere Stimmung in der Hansestadt kurz vor Gottfrieds Hinrichtung. Dabei griff sie auf relativ einfache Mittel zurück: Papier, einen weichen Bleistift und Radiergummi. Den Bleistift trug sie in mehreren Schichten auf und verwischte ihn mit dem Radiergummi. „Das verleiht dem Bild eine besondere Tiefe“, sagte sie. Pro Seite brauchte sie ein bis zwei Tage, ein Bleistift ging jeweils dabei drauf. An dem 200 Seiten dicken Werk saß sie insgesamt zwei Jahre.

Peer Meter & Barbara Yelin: Gift, Reprodukt Verlag, Berlin, 200 Seiten, Euro 20,00. Leseprobe unter diesem Link.

(dpa)

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