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© Illustration: Schulz/Promo

Gut aufgelegt: Das sind doch nur Peanuts

Warum Snoopy und Charlie Brown unsterblich sind

Warum es denn bei den Peanuts keine Erwachsenen gebe, wurde Charles M. Schulz oft gefragt. Das sei leicht zu erklären, pflegte der Vater von Snoopy und Charlie Brown dann zu antworteten. Es sei einfach kein Platz für sie da. Sie müssten sich bücken, um in die kleinen Comicbilder zu passen.

Die Peanuts-Comics zeigen und kommentieren die Welt konsequent aus dem Blickwinkel der Kinder – und eines wirklich außergewöhnlichen Hundes. Das war etwas vollkommen Neues.

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Mammutprojekt Die Werkausgabe des Carlsen-Verlages mit sämtlichen Comicstrips ist auf 25 Bände angelegt. Hier das Cover das aktuellen, fünften Bandes.

© Illustration: Promo

Charlie Brown, der ewige Pechvogel, hatte seinen ersten Auftritt bereits 1947 in dem Comic-Strip „Li’l Folks“ („Kleines Volk“), den Schulz, Jahrgang 1922, für eine Zeitung in Minnesota entwarf. Auch Snoopy, damals noch ein ganz normaler Beagle, war hier erstmals zu sehen. Im Oktober 1950 entschließt sich das United Feature Pressesyndikat den Comic landesweit zu verbreiten. Aus „Li’l Folks“ werden die Peanuts. Den neuen Titel findet Schulz grauenhaft. Ein weltweiter Siegeszug nimmt seinen Anfang. Und die Welt ist nicht genug: Im Mai 1969 tauft die Besatzung der Apollo 10 Mission ihr Schiff Charlie Brown und das Mondfahrzeug auf den Namen Snoopy. Im selben Jahr erobern die Peanuts die Kinoleinwand. Im Fernsehen sind die frechen Knirpse bereits seit 1965 regelmäßige Quotenbringer, ein Broadwaymusical folgt.

Prototyp aller Nervensägen

Den aufrechten Gang lernt Snoppy erst in den 60er Jahren. Schnell wird er zum eigentlichen Star der Serie. Gewöhnlichen Hundebeschäftigungen wie Stöckchenholen kann er nichts abgewinnen und er denkt im Traum nicht daran, sein Herrchen freudig zu begrüßen, wenn es von der Schule kommt. Armer Charlie Brown! Auch die anderen Protagonisten machen ihm das Leben schwer. Allen voran Lucy, der Prototyp aller Nervensägen und Wichtigtuer. Schulz erschafft eine ganze Reihe wunderbarer Charaktere. Darunter Linus, Lucys kleiner Bruder, mit seiner Schmusedecke, die resolute Peppermint Patty mit der ihr getreu folgenden Marcie und der musikalisch begabte Schroeder. Mit Franklin stößt – eine absolute Seltenheit im Comic – ein farbiges Kind zur Peanuts-Gang. Snoopy erhält mit Woodstock 1970 einen gefiederten Gefährten. Später lernen wir auch Spike kennen, Snoopys Bruder, der als Eremit in der Wüste lebt. Und dann gibt es noch das kleine, rothaarige Mädchen, in das Charlie Brown unsterblich verliebt ist. Wie die Erwachsenen (und die Nachbarkatze, die Snoopy drangsaliert) bekommen wir sie nie zu Gesicht.

Ein Erfolgrezept der Serie, die durch ihren reduzierten Stil, bei dem jeder Strich perfekt sitzt, besticht, liegt in der Wiederholung und Variation einmal eingeführter Standardsituationen. Ungezählt die Folgen, in denen der gutmütige Charlie Brown erfolglos versucht, einen Drachen steigen zu lassen oder einen Ball, den Lucy ihm hinhält und im letzten Moment immer wieder wegzieht, wegzukicken. Nicht weniger legendär Lucys psychotherapeutische Ratschläge oder Snoopys Versuche als Schriftsteller und seine Einsätze als Pilot oder Soldat.

Kindliche Welt, erwachsene Gedanken

Zahlreiche Verlage und Zeitungen haben die Peanuts in Deutschland veröffentlicht. Die Werkausgabe, die der Hamburger Carlsen Verlag, der die Serie auch schon früher im Programm hatte, nun vorlegt, lässt keine Wünsche offen. Für das edle Buchdesign zeichnet der kanadische Comiczeichner Seth verantwortlich. 25 Bände sind geplant, in der zum ersten Mal sämtliche Comicstrips, inklusive der Sonntagsseiten, von 1950 bis zum Jahr 2000 in chronologischer Reihenfolge zum Abdruck kommen. Ein verlegerisches Mammutprojekt. Bislang liegen fünf Bände vor, die die Jahrgänge 1950 bis 1960 umfassen.

Die Gags sind zeitlos. Die Welt der Peanuts sei ein Mikrokosmos, eine kleine menschliche Komödie, für anspruchsvolle Erwachsene wie für Kinder, bemerkte Umberto Eco einmal. Ihre Ausnahmestellung verdanke die Serie dem Umstand, fährt der italienische Autor und Semiotikprofessor fort, dass die Peanuts auf unterschiedlichen Bedeutungsebenen funktionieren. Schulz kombiniere erwachsene Gedanken mit der Welt kleiner Kinder und stelle dabei unterschwellig und mit viel Humor immer wieder die Frage nach dem Sinn des Lebens.

50 Jahre lang erschienen die Peanuts. Sechsmal die Woche und Sonntags in Farbe. Urlaub war ein Fremdwort für Snoopys Vater, der auch in späten Jahren auf die Hilfe von Assistenten verzichtete. Als die Ärzte im November 1999 bei ihm Krebs diagnostizieren, verabschiedet Schulz sich mit einem offenen Brief von seinen Lesern. Am 13. Februar 2000 wird die letzte Peanuts-Folge in den Zeitungen abgedruckt. Am Abend des Vortages stirbt Schulz. Doch Snoopy und Charlie Brown sind unsterblich. 

Mehr zum Thema hier.

Charles M. Schulz: „Die Peanuts Werkausgabe“, Bisher 5 Bände, Carlsen Verlag, Hamburg, 360 bzw. 344 Seiten, je 29,90 €.

Charles M. Schulz: „Snoopy, der Hund mit den 1000 Gesichtern“, Carlsen Verlag, Hamburg, 352 Seiten, 19,90 €.

Florian Weiland-Pollerberg

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