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Played in Germany: Eine Szene aus „Blue Giant Supreme“.

© Carlsen

Musik-Manga „Blue Giant Supreme“: Gezeichnete Liebeserklärung an den Jazz

Shinichi Ishizuka erzählt in „Blue Giant Supreme“ vom Traum eines japanischen Musikers, in Deutschland zum Weltstar zu werden.

Die Darstellung von Musik stellt eine Herausforderung für viele Comickünstler*innen dar. Oftmals reicht es für ein paar fliegende Noten und eine andere Typographie in einigen Panels, fertig ist der Song. Doch in den vergangenen Jahren überzeugten mehrere Werke mit spannenderen (und besseren) Ansätzen auf diesem Gebiet.

Interkultureller Dialog: Eine weitere Szene aus „Blue Giant Supreme“.

© Carlsen

Mit seinem Manga „Blue Giant Supreme“ (Carlsen, bisl. 5 Bd., je rd. 200 S, je 8€) findet der 50-jährige Shinichi Ishizuka eine dynamische Darstellung für ein breites Publikum. Der fünfte Band der Serie ist kürzlich bei Carlsen erschienen, Band sechs ist für Anfang August angekündigt. Und die Probleme des Musikers Dai Miyamoto werden darin nicht kleiner.

In dem Manga zieht es Miyamoto anfangs nach München, so will er der beste Saxofonist der Welt werden. Wer diesen Einstieg sehr plötzlich findet, hat Recht: „Blue Giant Supreme“ ist die Fortsetzung einer anderen Serie, die Miyamotos Weg zum Jazz erzählt. Sie wird auf Deutsch ab Ende August 2021 veröffentlicht.

Im fünften Band hat er es mittlerweile nach Berlin geschafft und eine Band um sich gebracht. Doch das erste Konzert enttäuscht Veranstalter wie Publikum wie Musiker. Die Harmonie der noch namenlosen Band stimmt überhaupt nicht. Nur Miyamoto findet Positives: So könne die Band immerhin besser werden.

Dieser Manga ist durchzogen von einer romantischen Verklärung von Jazz und Musik. Alles nach dem Motto: Es geht irgendwie weiter. Das Streben nach Anerkennung und Ruhm treibt fast alle Charaktere der Band von Miyamoto an.

Spielen, bis der Schweiß tropft

Dazu kommen die üblichen Konflikte innerhalb einer Band, wie sie aus der Realität bekannt sind. Wer hat das Sagen? Wer der kreative Kopf? Ishizuka überhöht diese Konflikte jedoch nicht. Vielmehr stellt er ihnen viele ruhige Momente der Charaktere gegenüber. Der große Traum vom Musikerdasein verklärt nicht die Realität – aber auch nicht andersrum.

Das Titelbild des fünften Bandes von „Blue Giant Supreme“.

© Carlsen

Doch wenn Ishizuka an die Darstellung der Musik geht, wird die Lektüre von „Blue Giant Supreme“ zu einem fast rauschhaften Erlebnis. Mit den klassischen Mitteln des Mangas wie Speedlines, Soundwords und der variierenden Anordnung der Panels auf der Seite schafft der Japaner einen eindringlichen Rhythmus beim Lesen.

Selbst wenn Miyamoto unter Kopfhörern sitzt und nur die Tasten seines Saxophons klacken, entsteht durch die Bilder ein Sound. Und das in einem sehr konventionellen Zeichenstil. Es gibt keine verzerrten Gesichter, stattdessen steht beim Spielen den Figuren einfach der Schweiß auf der Stirn. Das reicht, um Anstrengung auszudrücken.

[Der Sound der Bilder: Christoph Meyer-Pröpstl über neue Musik-Comics von Sex Pistols bis Arvo Pärt.]

Zudem vermittelt die Reihe eine ungewöhnliche Perspektive auf den Alltag in Deutschland: Für „Blue Giant Supreme“ hat Shinichi Ishizuka an den Orten seiner Handlung recherchiert und lässt seine Hauptfigur über manche Eigenheiten der heimischen Bevölkerung staunen.

Mangas über Musik sind in Japan nicht selten und auch die Liebe zum Jazz ist dort weiter verbreitet, als sich von Europa aus vermuten lässt. Allerdings braucht es für „Blue Giant Supreme“ keine Kenntnisse über Szenen oder die Unterschiede zwischen Hard Bop und Free Jazz.

Denn auch wenn der naive Wunsch von Miyamoto im ersten Moment unrealistisch scheint: Mit jeder Seite wünscht man ihm ein größeres Publikum als in den kleinen Clubs in Deutschland – und damit auch Ishizukas Manga eine größere Leserschaft.  

Björn Bischoff

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