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Grausige Funde. Mehr Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen gibt es auf zitty.de/kusian

© zitty

Neue zitty-Serie: Comicautor Reinhard Kleist erzählt "Berliner Mythen"

Die deutsche Hauptstadt ist voll von Geschichte und Geschichten. Die spannendsten erzählt der preisgekrönte Comiczeichner Reinhard Kleist ab sofort im Stadtmagazin zitty, immer auf der Suche nach dem "Grundrauschen der Stadt".

Geschichte ist eine penible Wissenschaft. Die Sache mit den Polizeiuniformen zum Beispiel. Reinhard Kleist, Jahrgang 1970, Beruf: Comiczeichner, muss grinsen, wenn er davon erzählt. Für den ersten Teil seiner neuen Fortsetzungs-Serie „Berliner Mythen“, die ab heute alle zwei Wochen in der zitty ein Stück Stadtgeschichte erzählt, brauchte er ein Foto als Vorlage. Das Internet war bei der Suche nach den Unterschieden zwischen ost- und westdeutscher Uniformen aus dem Jahre 1949 nicht hilfreich, auch das Polizeihistorische Archiv erwies sich als Sackgasse. Doch wenn es um das Thema Uniformen geht, ist auf Preußen Verlass. Nach einigem Hin und Her tat Kleists Redakteur einen Polizeiuniformenverein auf, der ihn in vollem Ornat empfing und mit allen benötigten Informationen versorgen konnte.

Solche Recherche ist mühsam, aber auch notwendig, wenn man Geschichte und nicht nur Geschichten erzählen will, findet Kleist, der schon zahlreiche historische Stoffe in Bilder transferiert hat, darunter die Lebensgeschichten von Fidel Castro, die des Auschwitz-Überlebenden Hertzko Haft und die von Johnny Cash. Für letztere wurde der seit 1996 in Berlin lebende Künstler mit dem Max-und-Moritz- und dem Sondermann-Preis ausgezeichnet.

„Die Details müssen stimmen“, sagt Kleist, während er in seiner Küche zwischen russischen Plakaten und gerahmten exotischen Schokoladenverpackungen sitzt, „Es gibt immer irgendeinen Experten, dem Ungereimtheiten auffallen.“ Wenn also in der Auftakt-Folge, die von der Krankenschwester Elisabeth Kusian handelt, die 1949 zwei Menschen erdrosselte und zersägte, jemand ein Steakhaus in der Bandelstraße erwähnt, dann hat Kleist recherchiert, dass es da auch eins gibt.

Was die Handlung selber angeht, arbeitet Kleist jedoch weniger sklavisch an den Fakten entlang. „Manchmal schreibt einem ja das Leben die perfekte Dramaturgie, oft aber auch nicht.“ In solchen Situation erweist sich Geschichte dann nicht nur als penible, sondern durchaus flexible Wissenschaft. „Jeder erzählt eine Begebenheit ein bisschen anders, jeder erinnert sich an das, was passiert ist, auf seine Weise“, sagt Kleist. „Ich nehme mir dann die Freiheit, mich für die Version zu entscheiden, die am besten zur Erzählung passt.“

Was ihn an dieser speziellen Geschichte fesselt, sind weniger die grausigen Details als das, was er über die Menschen und ihr Leben erzählt, sagt er. „Wie das Leben war im Berlin der Nachkriegszeit.“ Auf fünf Seiten ist die erste Folge der „Berliner Mythen“ nun angelegt. „Das war wirklich hart“, sagt er, „die Geschichte bietet genügend Stoff für ein ganzes Buch.“

Reinhard Kleist gewann für seine Johnny-Cash-Biografie unter anderem den renommierten Max-und-Moritz-Preis.
Reinhard Kleist gewann für seine Johnny-Cash-Biografie unter anderem den renommierten Max-und-Moritz-Preis.

© promo

Um die einzelnen „Berliner Mythen“ zu verbinden, hat Kleist sich den Taxifahrer Osan ausgedacht, der sich Straßen anhand der Geschichten merkt, die sich dort zugetragen haben. Darin ist er seinem Erfinder nicht ganz unähnlich. „Ich finde es faszinierend, wenn man etwas über die Orte weiß, die man täglich sieht und an denen man lebt. Unter der Oberfläche einer Stadt, die jeder sieht, liegt doch ganz viel verschüttet“, sagt Kleist. Gerade diese Schichten interessierten ihn, egal aus welcher Epoche sie stammen. „Ich möchte das Grundrauschen dieser Stadt einfangen,“ sagt er. Entscheidend für die Auswahl ist deshalb auch nicht, dass noch niemand von der Geschichte gehört hat, die er erzählt, sondern dass sie charakteristisch ist.

Und gerade Berlin eignet sich für diese Art des anekdotenhaften Erzählens wie kaum eine andere Stadt. „Hier gibt es eine solche Konzentration von Geschichte“, sagt Kleist. „Hauptstadt, Mauerstadt, all die verschiedensten Formen von Herrschaft, die hier durchdekliniert wurden …“

Deshalb sind die „Berliner Mythen“ auch keine Krimireihe, sie stehen für alle Geschichten offen. Bereits die nächste Episode, erzählt eine Posse aus der Mauerzeit, in der ein Schuljunge und alliierte Panzer eine Rolle spielen. Und natürlich Uniformen.

Die "Berliner Mythen" erscheinen ab sofort im Berliner Stadtmagazin zitty. Mehr Informationen zu den geschichtlichen Hintergründen des Falls Kusian finden sie hier.

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