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Grandioser Lesespaß: Eine Seite aus Thomas Wellmanns „Pimo & Rex“.

© Rotopolpress

Rotopolpress: Hinterm Panelrand geht's weiter

Zwischen Comic und Illustration: Ein Porträt des kleinen, aber feinen Verlages Rotopolpress.

Gibt es einen besseren Grund um einen Verlag zu gründen als das Ziel, sich und anderen die Umsetzung eigener Herzensprojekte zu ermöglichen? Wohl kaum. Genau deshalb haben Rita Fürstenau, Lisa Röper und Michael Meier 2007 den Verlag Rotopolpress gegründet. Zu dieser Zeit waren die drei selbst noch Studenten an der Kunsthochschule Kassel und suchten auch nach einer Möglichkeit, eigene Arbeiten sowie die anderer Nachwuchszeichner zu publizieren.

„Die Projekte müssen uns fesseln.“

Im Laufe der Zeit hat sich das Programm auf derzeit zehn Titel im Bereich Comic und zahlreiche Illustrationsbücher und Leporellos erweitert. Auch Lizenzausgaben eines französischen und eines kanadischen Titels gehören inzwischen dazu. Im Jahr 2014 sollen weitere hinzukommen und auch ein neuer Comic einer deutschen Zeichnerin ist geplant. Wichtig ist dem Verleger-Trio vor allem eins: Das Zeichnerische und das Erzählerische müssten im Einklang stehen, betonen die drei. „Die Projekte müssen uns fesseln.“

Dies ist die oberste Maxime für die Auswahl der Arbeiten, die bei Rotopolpress erscheinen. Inzwischen hat sich der kleine Verlag als Adresse für hochwertige Comics und Illustrationsbücher etabliert. Dabei platziert er sich mit seinen Titeln oft auf der Grenze zwischen Comic und Illustrationsbuch und nimmt dabei bewusst in Kauf, bei traditionellen Comiclesern anzuecken. Bei zwei der Titel aus dem aktuellen Programm wird dies besonders deutlich. Markus Färbers „Reprobus“, das von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten deutschen Bücher 2013 ausgezeichnet wurde, ist eine freie Adaption der Legende des heiligen Christopherus.

Das Werk kommt streckenweise komplett ohne Text aus und arbeitet viel mit ganzseitigen Panels, was die enge Verwandtschaft von Färbers Arbeit zum klassischen Illustrationsbuch erkennen lässt. Auf der anderen Seite kommt dem Tableau, also der Anordnung der einzelnen Panels auf einer Seite oder Doppelseite, eine große Bedeutung zu – nicht nur optisch sondern auch für die Narration. Dies wiederum ist ein eher comictypisches Element. So bewegt sich „Reprobus“ gekonnt auf der Grenze zwischen beiden Kunstformen.

Schwerpunkt auf phantastischen und mythischen Stoffen

Das gleiche gilt für Jesse Jacobs „Hieran sollst du ihn erkennen“. Darin erzählt der kanadische Zeichner von einer Welt vor der Erschaffung unserer Welt. Diese wird von merkwürdigen Wesen bevölkert, die versuchen, sich ihrem Lehrmeister gegenüber mit immer neuen Schöpfungen zu profilieren. Jacobs vermischt dabei religiöse Mythen und Evolutionstheorie. Auch hier wechseln sich ganzseitige Illustrationen mit klassisch narrativen Panelsequenzen ab.

Kühne Leichtigkeit: Eine Szene aus „Hieran sollst Du ihn erkennen“.
Kühne Leichtigkeit: Eine Szene aus „Hieran sollst Du ihn erkennen“.

© Rotoplpress

Optisch dominiert wird der Comic dabei von grafischen Mustern, dich sich immer wieder auflösen und zu neuen Strukturen zusammensetzen, und damit das Wirken der gottähnlichen Wesen spiegeln, die immer neue Welten aus kleinsten Molekülen erschaffen und mit verschiedenen Texturen experimentieren. Betrachtet man diese beiden Beispiele, so zeigen sich zwei Eigenschaften, die das Verlagsprogramm von Rotopolpress charakterisieren: Neben der Tendenz, die Schnittstellen im Grenzbereich zwischen Comic und Illustrationsbuch auszuloten, ist auch ein inhaltlicher Schwerpunkt auf phantastische und mythische Stoffe zu erkennen. Dieser ergab sich jedoch eher zufällig, wie die Verleger erzählen.

Und in der Tat haben auch sehr klassisch erzählte Comicgeschichten einen Platz im Verlagsprogramm. Bestes Beispiel dafür ist Thomas Wellmanns „Pimo & Rex“, in dem der Leser die beiden gleichnamigen Helden durch zwei verrückte Abenteuer begleitet. Die beiden Freunde sind hoch zu Ross unterwegs durch die Wälder einer bunten Fantasiewelt, in der sie auf eine magische Muse, einen Nekromanten und einen verrückten Bibliothekar treffen.

Auch in seinem dritten Comic im Verlagsprogramm bleibt Thomas Wellmann seinem Stil treu. Seine Panels sind teilweise sehr reduziert gestaltet, mit kaum ausgearbeiteten Hintergründen. Teilweise finden sich jedoch auch Panels, die in ihrem Detailreichtum fast mit einem Wimmelbild konkurrieren könnten. Wie schon in „Der Ziegensauger“ spielt Wellmann geschickt mit dieser unterschiedlich großen Detailfülle, je nach dem, was die Erzählung gerade verlangt. So kann man sich der Spannung der Abenteuer genauso hingeben, wie man sich in der Betrachtung der Wimmelbilder verlieren kann. Das macht „Pimo & Rex“ zu einem grandiosen Lesespaß.

Ergiebige Kooperationen mit Independent-Verlagen im Ausland

Auch in Großbritannien ist der Comic begeistert aufgenommen worden. Dort ist er in englischsprachiger Übersetzung in Kooperation mit Blank Slate Books zeitgleich mit der deutschen Version erschienen. Dieser internationale Erfolg freut die Kasseler Verleger sehr.

Zwischen Mythen und Moderne: Das Buchcover von "Reprobus".
Zwischen Mythen und Moderne: Das Buchcover von "Reprobus".

© Rotopolpress

Auch in anderen europäischen Ländern beobachten sie ein Anwachsen der Independent-Verlagsszene. Potential für weitere spannende Kooperation scheint es also zu geben. Rita Fürstenau, Lisa Röper und Michael Meier jedenfalls wollen die Kontakte zu kleinen europäischen Comicverlagen pflegen und ihr Netzwerk nach und nach erweitern. Wenn sie dabei ihrem Grundsatz treu bleiben und auch weiterhin nur Projekte realisieren, von denen sie selbst begeistert sind, können wir uns mit Sicherheit auf viele spannende Titel im Verlagsprogramm von Rotopolpress freuen.

Mehr von und über Rotopolpress gibt es unter www.rotopolpress.de.

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