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Schlag auf Schlag: Eine Szene aus „Mila Superstar“.

© Egmont

Manga-Klassiker „Mila Superstar“: Volleyballheldin mit Alterserscheinungen

In den 90er Jahren war die Anime-Serie „Mila Superstar“ hierzulande enorm populär. Jetzt erscheint erstmals die Manga-Vorlage auf Deutsch.

Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes muss Mila zu ihren Verwandten aufs Land ziehen. Doch das Mädchen, das von einer Eliteschule kommt, macht auf ihre neuen Lehrer und Mitschüler zunächst gar keinen guten Eindruck. Mehr noch, sie wirkt desinteressiert, großkotzig und schließt sich den Rebellen der Schule an.

Ein Szenenbild aus dem Anime „Mila Superstar“.
Ein Szenenbild aus dem Anime „Mila Superstar“.

© Promo

Als sie trotz ihrer Sperenzchen mit Bestnoten glänzt und zusammen mit ihren Freundinnen nach nur einem Monat Training die Volleyballmannschaft der Schule besiegt, erkennen die Ersten, was wirklich in der schmalen Schülerin steckt …

Wer kennt es nicht, das sportliche Mädchen, das lacht wie die Sonne über dem Fujiyama? Die junge Volleyballerin Mila ist neben Heidi und Nils Holgersson eine der bekanntesten Zeichentrickfiguren. Mitte der 1990er Jahre war die TV-Serienadaption „Mila Superstar“ hierzulande so beliebt, dass sie Marktanteile von über 40 Prozent in der relevanten Zielgruppe erreichte. Die Reihe führte damals zu einem Boom des Volleyballsports.

Der Anime basiert auf der bereits 1968 bis 1970 erschienenen Manga-Vorlage „Attack No. 1“ von Chikako Urano, einer der Pionierinnen des Shojo-Sport-Mangas, die Egmont Manga seit November 2021 erstmals in deutscher Sprache herausbringt („Mila Superstar“, aus dem Japanischen von Yuko Keller, Egmont Manga, Lesealter ab 10 Jahren, bislang ein Band, 522 S., 25 €).

Eine Veröffentlichung des nur zwei Bände umfassenden Sequels „Shin Attack No. 1“ aus dem Jahr 1976 und dessen von Kanon Ozawa neu gezeichneter Neuauflage ist hingegen bislang nicht angekündigt.

Im Gegensatz zu den Figuren in den 104 Zeichentrickepisoden sind die ambitionierten Heldinnen im gezeichneten Original älter. Aber auch hier sind die Rollenbilder inzwischen überholt und die Konfliktlösungen brachial einfach. Wer nicht hören will, muss fühlen, Ohrfeigen inbegriffen.

Die Trainingsmethoden grenzen an Misshandlung

Und während sich die Sportlerinnen nichts schenken, grenzen auch die rabiaten Trainingsmethoden an Misshandlung Minderjähriger. Blickt man auf den Leistungssport der damaligen Zeit entbehren sie damit nicht einer gewissen Realität.

Eine weitere Doppelseite aus „Mila Superstar“.
Eine weitere Doppelseite aus „Mila Superstar“.

© Egmont

Der Erfolg auf dem Spielfeld bringt in „Mila Superstar“ den Erfolg im Leben. Es wird auf absolute Disziplin und eine Achtung der Hierarchie innerhalb der Mannschaft Wert gelegt. Gewalt ist auch gegenüber der gegnerischen Mannschaft erlaubt und der Sieg das über allem stehende Ziel. Dafür werden Schwächere aussortiert, Verletzungen der Spielerinnen in Kauf genommen und die Rivalität gefördert.

Dem Trainer kommt dabei eine besondere Stellung zu. Er übt Kontrolle aus und seine Anweisungen gelten als unumstößlich. Einzig der Glaube an sich selbst und die Stärkung des Selbstbewusstseins, um gesetzte Ziele zu erreichen, kann in der heutigen Zeit noch bestehen.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.
Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© Egmont

Die Serie, die mit ihrem an Kindheitserinnerungen geknüpften Retro-Charme sofort Sympathien weckt, kommt direkt in einer Hardcover-Doppelbandausgabe und damit in einer für eine deutsche Manga-Premiere ungewöhnlichen Aufmachung.

[Auch für Mangazeichnerin Christina Plaka war „Mila Superstar“ eine prägende Erfahrung. Hier spricht sie mit Tagesspiegel-Autorin Sabine Scholz über ihre Arbeit.]

Wer Zeitgenossen und Zeitgenossinnen der Manga-ka wie Ryoko Ikeda kennt, der wird bemerken, dass Uranos Figuren etwas weniger realistisch sind als die Figuren späterer Sport-Mangas für das weibliche Publikum wie die Tennis-Reihe „Ace no Nerae!“ von Sumika Yamamoto oder Ryoko Yamagishis Ballet-Werk „Arabesque“.

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Mila und Co. kommen mit großen Kulleraugen und einem comichaften Look daher. Gleichzeitig zeigen die Zeichnungen Chikako Uranos ihre Entwicklung als Künstlerin: Sind die Bewegungen der Sportlerinnen anfangs noch hölzern, steigert sich die Dynamik mit der Zeit zunehmend.

Denjenigen, denen bei der Titelmelodie der Anime-TV-Serie noch immer das Herz aufgeht, kann der Manga ein paar nostalgische Stunden bescheren. Eine unabhängige, erfolgreiche junge Sportlerin sieht heutzutage allerdings anders aus.

Sabine Scholz

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