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Kultur: Compañera mit Kamera

Fotoausstellung von Tina Modotti im Berliner Willy-Brandt-HausVON MICHAEL ZÖLLNEREin einziges Leben war Tina Modotti nicht genug.Wie eine rastlos Suchende trieb es die 1896 in Udine geborene Künstlerin zu immer neuen Gefilden.

Fotoausstellung von Tina Modotti im Berliner Willy-Brandt-HausVON MICHAEL ZÖLLNEREin einziges Leben war Tina Modotti nicht genug.Wie eine rastlos Suchende trieb es die 1896 in Udine geborene Künstlerin zu immer neuen Gefilden.Hatte sie alles erreicht, gab sie alles auf.Ihr Leben war geprägt von Brüchen, Veränderungen, ständige Neuanfängen.Ihr fotografisches Schaffen erscheint dabei nur als Intermezzo.Denn die Modotti wollte mehr, als ausschließlich Fotografin sein.Dies verdeutlicht auch die Ausstellung im Atrium des Willy-Brandt-Hauses, in der hundert Originalabzüge von Glasplatten-Negativen gezeigt werden.Gleichzeitig findet in den Deichtorhallen in Hamburg eine Präsentation der Künstlerin in einer gemeinsamen Ausstellung mit dem lateinamerikanischen Fotografen Manuel Alvarez Bravo statt (bis 1.Juni). Tina Modotti kam 1913 als Immigrantin nach Amerika, arbeitete als Näherin und Modell und brachte es zum Hollywood-Star der Stummfilmzeit.1923 verließ sie Los Angeles und zog 27jährig mit ihrem Mentor und Geliebten, dem Fotografen Edward Weston, nach Mexiko.Unter seiner Anleitung widmete Tina Modotti sich der Fotografie.Sie liebte zwar diese Kunst und doch war sie ihr Mittel zum Zweck.Denn im Vordergrund ihrer Arbeit stand die Dokumentation sozialer Mißstände.Insbesondere die Frauenporträts zeugen vom Anliegen Tina Modottis.Nach nur sieben Jahren gab sie die Fotografie auf und widmete sich ausschließlich der politischen Arbeit.So war sie Mitglied der Kommunistischen Partei Mexikos, engagierte sich in der Internationalen Roten Hilfe und kämpfte in Spanien gegen Franco.1942 verstarb Tina Modotti nur 45jährig in Mexiko an Herzversagen.Geblieben sind Spekulationen über ihren angeblich gewaltsamen Tod und ein bedeutendes, aber mit 400 Arbeiten eher schmales Werk. Ihre Arbeiten sind schwer von ihrem dokumentarischen Charakter zu lösen.Sie belegen den Kampf der mexikanischen Arbeiter und fungieren oft als Propagandamittel.Wie ein Netz verbinden sie sich mit ihrem Leben und der Geschichte Mexikos.Aufnahmen von Hammer und Sichel, Arbeiterdemonstrationen und hungernden Kindern geben einen Einblick in das revolutionäre Mexiko der 20er Jahre.Die monumentalen, oft pathetischen Bilder, die den Einfluß mexikanischer Wandmalerei zeigen, entbehren allerdings nicht einer folkloristischen Sozial-Romantik.Leider wurden die Kuratoren, der Freundeskreis des Willy-Brandt-Hauses, Opfer ihrer eigenen Mexiko-Liebe und begangen den Fehler, die Gefahr des Kitschigen noch durch eine mexikanische Combo und Tacos zu verstärken.Das politische Engagement der Modotti rückt dadurch zunehmend in den Hintergrund.Offensichtlich fürchtete das SPD-Haus den Ruch der Polit-Propaganda.Dadurch schwankt die Schau unentschlossen zwischen einer Polit- und einer Kunstausstellung.Zudem werden die Bilder einfallslos auf weißen Stellwänden gezeigt.Die unglückliche Beleuchtung, die die Bilder oft verschatten, unterstützt die lieblose Präsentation.Im Kontrast zum kostspielig ausstaffierten Atrium des Hauses, wirkt die Ausstellung wie eine geizige Alibi-Veranstaltung. Willy-Brandt-Haus, Stresemannstr.28, bis 25.April; täglich 10-18 Uhr.

MICHAEL ZÖLLNER

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