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Er hat schier endlosen Atem. Emmanuel Pahud

© Thilo Rückeis

Flötist Emmanuel Pahud: Da schwitzt sogar der König

Ein ungemein vitaler Klang: Emmanuel Pahud, Solo-Flötist der Berliner Philharmoniker, hat eine neue CD herausgebracht - und tritt damit im Kammermusiksaal auf.

Die Puderquaste hat Emmanuel Pahud diesmal zu Hause gelassen. Als sich der Solo-Flötist der Berliner Philharmoniker 2011 zum ersten Mal auf seiner CD „The Flute King“ mit der Musik am Hofe Friedrichs des Großen beschäftigte, wurde er für das Titelbild ausstaffiert wie ein preußischer Prinz, mit Spitzenjabot und Rüschenmanschetten, goldglänzender Weste und silbrigen Metallknöpfen am blauen Gehrock. Für sein neues Album, das dem Komponisten Carl Philipp Emanuel Bach gewidmet ist, brauchte er keine Maskerade. Denn der Bach-Sohn, der 1741 als Kammercembalist in die königliche Kapelle aufgenommen wurde und dort 26 Jahre lang dem kulturaffinen Herrscher diente, war seiner Zeit gedanklich weit voraus.

„Es liegt ein Aufbruch in dieser Musik“, konstatiert Pahud im Booklet. „Alles ist extrem, es ist eine physische Musik, die nicht unbedingt dem Gebot der Schönheit folgt, die experimentiert, die aufrührt, die virtuos ist – und immer und überall stürmt und drängt.“ Die drei Flötenkonzerte, die Pahud ausgewählt hat, lassen höfisches Zeremoniell und Rokoko-Lieblichkeit hinter sich. Mit einer Aufführungsdauer von bis zu 24 Minuten fordern sie mehr Aufmerksamkeit vom Publikum, als es die damaligen Hörer gewohnt waren – und vom Solisten eine solche Fingerfertigkeit, dass der auf dem Instrument dilettierende Friedrich II. die Stücke selbst die erleichterten „königlichen“ Fassungen nicht bewältigen konnte.

Geradezu vulkanisches Temperament

Der philharmonische Solo-Flötist dagegen gebietet nicht nur über einen makellosen Ansatz ohne jedes Nebengeräusch, er vermag die weit geschwungenen Melodielinien wie die vielen instrumentalen Koloraturketten auch mit schier endlosem Atem zu spielen. Scheinbare Mühelosigkeit paart sich bei Emmanuel Pahud mit vollendeter Eleganz selbst in den rasantesten Passagen.

Und davon gibt es viele: Geradezu ein vulkanisches Temperament verlangt der Eröffnungssatz des A-Moll-Konzerts von den Interpreten. Mit dem Dirigenten Trevor Pinnock und der Kammerakademie Potsdam stehen Pahud da genau die richtigen Partner zu Seite. Weil man sich aus vielen Projekten bestens kennt, kann sich ein ungemein vitaler Klang entfalten. Die orchestrale Begleitung bleibt selbst dort stets energetisch pulsierend, wo die Inspiration des Komponisten mal nicht so groß war und er sich auf eher floskelhafte Rhetorik verließ.

Weis in Richtung Wiener Klassik

Besonders schön ergänzen sich Solist und Orchester im Menuett des A-Moll- Konzerts, bei dem die Kammerakademie den männlichen Part übernimmt, angemessen erhaben schreitend, während die Flöte die Dame repräsentiert, in höchster Anmut, mit geschmeidig fließenden Bewegungen. Der schmerzliche Gesang einer einsamen Seele ist das Largo des G-Dur-Konzertes, ganz im Geist des barocken Lamento. Deutlich in Richtung Wiener Klassik weist dagegen der langsame Satz des berühmten D-Moll-Konzerts mit dem sehr privaten Monolog der Flöte. Im Finale tobt dann wieder ein vom Komponisten tonmalerisch äußerst fantasievoll inszeniertes Gewitter, das jedem höfischen Feuerwerksspektakel zur Ehre gereichen würde.

Die CD ist bei Warner Classics erschienen. Am 15. Januar treten Pahud, Pinnock und die Kammerakademie in der Potsdamer Friedenskirche auf, am 16. Januar im Kammermusiksaal der Philharmonie. Auf dem Programm stehen dann Werke von Mozart, Haydn und Devienne.

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