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Neoklassischer Feinschliff. Szene aus der „Emeralds“-Choreografie.

© dpa

Kultur: Das Bling-Bling-Ding

Berlins Staatsballett zeigt Balanchines „Jewels“ an der Deutschen Oper. Eine solide Aufführung, die viel fürs Auge bietet.

Von Sandra Luzina

Seine Strahlkraft hat das Staatsballett Berlin zuletzt doch etwas eingebüßt. Abhilfe soll nun das Genie Georges Balanchine bringen. Die Einstudierung von dessen neoklassischem Meisterwerk „Jewels“ ist der Versuch, der Compagnie wieder etwas Glamour zu verschaffen. Der Legende nach wurde Balanchine vom Funkeln der Juwelen in einem Schaufenster an der New Yorker 5th Avenue zu dem Werk inspiriert, das aus drei kontrastierenden Teilen besteht. Der erste Teil: „Emeralds“, also Smaragde, zur Musik von Gabriel Fauré ist eine Hommage an die französische Romantik. „Rubies“, die Rubine, getanzt zur Musik von Igor Strawinsky, erinnert an das Amerika der Jazz-Ära. „Diamonds“ schließlich ist eine Verbeugung vor dem Ballett des zaristischen Russlands.

„Jewels“ gilt als Signaturstück des 20. Jahrhunderts, es wird von allen großen Ballettcompagnien auf der Welt getanzt. Allerdings braucht es die Genehmigung des Balanchine Trust. Das Staatsballett zeigt den Klassiker nun in neuer Ausstattung: Der spanische Modedesigner Lorenzo Caprile, der die Kostüme entworfen hat, und der Bühnenbildner Pepe Leal lassen es glitzern und schimmern. „Jewels“ will in eine Welt der strahlenden Schönheit entführen. Und die Zuschauer sind durchaus empfänglich für die Prachtentfaltung auf der Bühne der Deutschen Oper. Wenn sich der Vorhang öffnet, geht jedes Mal ein Raunen durchs Publikum. Die mit Glitzersteinen besetzten Kostüme, all die Krönchen und Ohrringe sorgen für den gewünschten Bling-Effekt. Bewundernswert aber ist, wie Balanchine die ornamentalen Muster immer wieder dynamisiert, wie er die unterschiedlichen Facetten des Tanzes beleuchtet.

Das lyrische „Emeralds“ wird von zwei Solopaaren, drei Solisten und einem Corps de ballet aus zehn Mädchen getanzt. Betörend sind die Armbewegungen von Krasina Pavlova. Das Pas de deux mit Marian Walter hat schöne Schwebemomente, mutet aber ein wenig steif an. Die Musik von Fauré hat zwar etwas Träumerisches, das Orchester der Deutschen Oper unter Leitung von Robert Reiner spielt sie aber auf recht einlullende Weise. Und auch das ewige Schreiten der Tänzer vor dem waldgrünen Hintergrund ermüdet etwas.

Eine solide Aufführung mit großem Schauwert

„Rubies“ ist dann ein Aufputschmittel. Die Choreografie entstand zu Strawinskys Capriccio für Klavier und Orchester, einem Werk voll rhythmischer Brillanz, in dem sich auch Anspielungen auf den Ragtime finden. „Rubies“ ist der schwierigsten Part für die Tänzer – es muss fetzen.

Fantastisch ist Iana Salenko, die in Dinu Tamazlacaru einen verlässlichen Partner hat. Sie besticht durch Verve und Präzision, verleiht den Bewegungen die nötige Schärfe. Wie sie mit der Revuegirl-Pose kokettiert, ist hinreißend. Richtig jazzy ist die Solistin Julia Golitsina – wie sie erst in eine arabesque penchée kippt und dann dem Affen Zucker gibt, ist klasse. Das Männerquartett hat aber sichtlich Mühe mit dem vertrackten Rhythmus.

„Diamonds“ ist das opulenteste der drei Ballette. Für Brillanz sorgen hier Shoko Nakamura und Mikhail Kaniskin. Nakamura, die im November 2013 ans Ungarische Nationalballett wechselte, tanzt nun als Gast mit ihrer ehemaligen Truppe. Die Japanerin ist von staunenswerter Eleganz, doch sie gibt hier die verwunschene Kreatur und kippt zu sehr ins Entrückte. Kaniskin kann in seinen Solo-Variationen überzeugen, und auch das Damen-Quartett hat schöne Momente. Das große Finale vereint 34 Tänzer zu einem Rausch aus Schönheit und Ordnung. Hier mangelt es den Berliner Tänzern doch ein wenig an Präzision und an dem gewissen Balanchine-Glamour.

„Jewels“ ist ein erhellender Trip durch die Tanzgeschichte, so wie Balanchine sie sah. Das Staatsballett Berlin präsentiert sich zwar nicht gerade in glänzender Form, doch ihm gelingt eine solide Aufführung mit großem Schauwert.

Wieder am 26. und 29. Mai.

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