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Kultur: Das Dresdner Theater in der Fabrik findet längst nicht mehr nur in Sachsen Beachtung

Arbeitslose, Junkies, Kleptomanen und anderweitig Gestrandete bilden mittlerweile eine feste Größe im Repertoire moderner Bühnen, auch am Dresdner Theater in der Fabrik, dem TiF. Nun wäre es allerdings eine kurzsichtige Fehlleistung, das TiF des platten Kult-Imports in die Provinz zu bezichtigen.

Arbeitslose, Junkies, Kleptomanen und anderweitig Gestrandete bilden mittlerweile eine feste Größe im Repertoire moderner Bühnen, auch am Dresdner Theater in der Fabrik, dem TiF. Nun wäre es allerdings eine kurzsichtige Fehlleistung, das TiF des platten Kult-Imports in die Provinz zu bezichtigen. Das Theater, institutionell dem Staatsschauspiel Dresden zugehörig, künstlerisch jedoch - zumindest, soweit es das Jahresbudget von 775 000 Mark zulässt - unabhängig, will sich dem Publikum keineswegs mit unvermittelten Sozialstudien andienen.

Die TiF-Chefin Eva Johanna Heldrich - Dramaturgin und vormals Leitungsmitglied des Berliner Theaters am Halleschen Ufer - ist sich der Grenzen mancher Texte durchaus bewusst. Ihren Auftrag sieht sie vielmehr in einer sorgfältigen Auslotung zeitgenössischer Darstellungsformen - vom Schauspielertheater im leeren Raum bis zu Tanz- und Performance-Grenzgängen. Heldrichs "Mischkonzept", Akteure des Staatstheaters mit Darstellern und Produktionsformen der freien Szene zusammenzubringen, ist ebenso überzeugend wie erfolgreich.

Mit einer Produktion des vornehmlich als Videoclip-Regisseur tätigen Johannes Grebert, "Quizoola! right here, right now", gastiert das TiF jetzt in den Sophiensälen. "Quizoola" - entwickelt vom Briten Tim Etchells und seiner Truppe "Forced Entertainment" - ist ein kalkuliert riskantes Spiel: Die Schauspieler stellen sich drei Stunden lang abgründige Fragen und müssen auf offener Szene befriedigende Antworten improvisieren. Die sich daraus ergebende Eigendynamik bringt es naturgemäß mit sich, dass der Abend zu höchster Intensität oder prächtigstem Amüsement führen - oder eben auch vollends zäh vertröpfeln kann.

Das TiF findet längst nicht mehr nur in Sachsen Beachtung: Der Regisseur Jan Jochymski, der bei seinen deutschen Erstaufführungen von Mark Ravenhills "Faust ist tot" und "Sleeping Around" bewiesen hat, dass er sich auch angesichts eher schlapper Vorlagen zu inszenatorischen Höchstleistungen aufschwingen kann, wurde von "Theater heute" zu einem der hoffnungsvollsten Regie-Talente gekürt. Ein vom TiF koproduzierter Tanzabend mit Xavier LeRoy bekam eine Einladung zu den Wiener Festwochen; und "Theater der Zeit" rief die Bühne soeben zur "ersten Adresse für Erkundungen" aus. Diese Erkundungen übrigens macht das Team bei unermüdlichen Theaterkeller-Besuchen in Berlin, Hamburg oder Leipzig; und gelesen wird "fast alles, was erscheint". Vor allem aber schießt man seine Entdeckungen nicht hoch und genauso schnell wieder ab, sondern betreibt eine sorgfältige, geduldige Talentpflege. Produktionen, in die das Publikum nicht sogleich strömt, setzt man eben nicht ab, sondern stattdessen an günstigen Wochenend-Terminen auf den Spielplan. "Arbeiten, von denen man überzeugt ist, durchzusetzen", sagt Eva Johanna Heldrich, "muss sich ein subventioniertes Theater leisten"."Quizoola" bis 30. 4., Sophiensäle, 20 Uhr.

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