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Kultur: Das Experiment

freut sich auf die deutschen Filme der Berlinale Der arg abgenudelte „Asterix, du kleiner gallischer Rebell“-Einstieg in die Welt der Glosse steht zwar zu Recht auf dem Index – aber was soll man machen, wenn die harten Fakten so zwingend für ihn sprechen? Also: Die Berlinale hat den ganzen deutschen Film erobert.

freut sich

auf die deutschen Filme der Berlinale

Der arg abgenudelte „Asterix, du kleiner gallischer Rebell“-Einstieg in die Welt der Glosse steht zwar zu Recht auf dem Index – aber was soll man machen, wenn die harten Fakten so zwingend für ihn sprechen? Also: Die Berlinale hat den ganzen deutschen Film erobert. Den ganzen deutschen Film? Nein, da gibt es doch tatsächlich ein kreuzfideles Filmchen, Stefan Ruzowitzkys „Anatomie 2“, das auf leisen Sohlen heute, da alles auf die zeitgleich anhebende 53. Berlinale starrt, ins Kino kommt …

Abgesehen von der ziemlich blutigen Fortsetzung des Horrorärzte-Thrillers, der vor drei Jahren zwei Millionen vor allem sehr junge Zuschauer in die Kinos zog, gilt allerdings tatsächlich: Der ganze deutsche Film drängt auf die Berlinale. Ob von langer Hand geplant oder frisch vom Schneidetisch unter die scharfen Augen der Auswahlkommissionen: Alle wollen dabei sein, wenn Dieter Kosslick und sein Team zum zweiten Mal das große deutsche Festival zum großen deutschen Forum für den großen – und auch etwas kleineren – deutschen Film herausputzen. Prächtige 60 der 300 Titel im Programm sind deutsch. Rekord, sagt der Festivalchef. Und selbst wenn man die Murnau-Filme der Retrospektive und die bereits im Kino gelaufenen Produktionen der Fachbesucher-Reihe „German Cinema“ abzieht: Es bleibt zumindest ein Rekördchen.

Wie kommt’s? Fürchteten die deutschen Filmemacher nicht jahrzehntelang dieses Festival wie die Engel das Höllenfeuer, verschmäht von einem meist grimmigen Direktor und angefeindet von einer stets abstechlüsternen deutschen Presse? Ganz recht, die Beziehungen lagen sehr darnieder – und vielleicht war es vor allem dieser Gefühlsstau zum Guten hin, der letztes Jahr den Antritt des einstigen nordrheinwestfälisch-föderalstaatlichen Deutschfilmförderers Dieter Kosslick so beflügelte. Doch auch sein Konzept ging auf: Zwischen den Programmschienen schuf er zunächst ein Optimum planerischer Durchlässigkeit, und dann galt es nur noch, in feiner Staffelung - von der neugeschaffenen Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ bis hin zum Wettbewerb - den jeweils besten Platz für den jeweiligen deutschen Film zu finden.

Nun geht das Experiment ins zweite Jahr – und mit dem neuen Talent Campus, dessen 500 junge Filmemacher zu einem knappen Drittel wiederum Deutsche sind, schafft sich das Festival unter dem noch frischen Sockel der „Perspektive Deutsches Kino“ ein weiteres junges Fundament. Ganz oben, im Wettbewerb, konkurrieren – mit Wolfgang Beckers „Good Bye, Lenin!“, Hans-Christian Schmids „Lichter“ und Oskar Roehlers „Der alte Affe Angst“ – drei Deutsche um den Goldenen Bären; und alles deutet darauf hin, dass über diese vielleicht nicht perfekten, aber thematisch und auch ästhetisch mutigen Filme wieder viel debattiert werden wird. Die Mischung entscheidet: Letztes Jahr marschierte Andreas Dresens „Halbe Treppe“ fast aufs Siegertreppchen, Tom Tykwers „Heaven“ hatte das Privileg des Eröffnungsfilms und über Dominik Grafs „Der Felsen“ und sogar Christopher Roths „Baader“ gab es wunderbar erhellenden Streit. Nur das pure Deutschfilm-Bashing, das war auf einmal uninteressant geworden.

Kann schon sein, dass die Berlinale, wenn sie denn so weitermacht, auch wachsend als Labor für die Rückkehr des deutschen Films in die internationalen Märkte wahrgenommen wird. Mit dem „European Film Market“ unter eigenem Dach hat sie zudem das Kaufhaus dazu. Sicher liegt der Marktanteil des deutschen Films, „Manitu“-bereinigt, im heimischen Kino nun wieder bei seinen schmalen zwölf Prozent und international, abgesehen von Solitärerfolgen wie „Lola rennt“ oder derzeit „Bella Martha“, noch viel weiter hinten; andererseits punktet er mehr und mehr mit vorzüglichen Schauspielerinnen und Schauspielern, wofür auch diese Berlinale manch neuen Beleg bringen dürfte. Was fehlt, sind die wirklich guten Geschichten. Meist wollen unsere Regisseure, die im Herzen noch immer den längst ins Klassische entrückten auteurs des Neuen Deutschen Films nacheifern, zu viel. Besser immerhin als zu wenig. Nur müsste ihnen häufiger – und damit sind nicht unbedingt die Filmförderer gemeint – jemand zärtlich in den Arm fallen.

Experiment also gelungen, der deutsche Film lebt? Er regt sich. Das ist doch schon was. Mehr noch: Er hält das Rampenlicht dieses – nach wie vor unbarmherzigen – Festivals aus. Ein paar deutsche Filme dürfen da auch künftig an der Berlinale vorbeigehen. Und ihrerseits zu glänzen versuchen, und sei es nur an der Kinokasse.

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