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Kultur: Das Leben, ein Summen

„Leonce und Lena“ im Studiotheater bat

Prinz Leonce fragt, wer er eigentlich ist: Alexander Lang inszeniert Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“ als Denkaufgabe. Wo steht der Mensch, wie kommt er zu einer, seiner Individualität, was verbindet ihn mit der Natur oder mit der Seelenlosigkeit von Maschinen? Alle Figuren, die auf die Bühne kommen, sind Mischwesen. Sie probieren Masken aus, sind oft nichts als Masken, und doch auch fühlende Wesen. Büchners spottlebendige Sprache ziehen sie in ihre Körper hinein, verfestigen sie zu statuarischer Gefasstheit, aus der es dann doch wilde Ausbrüche gibt, Tanz, kreiselnde Lust. Doch immer bleibt die Frage: Wer bin ich?

Die Bühne im Studiotheater der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ist bis auf Stoffbahnen, die eine Gassenbühne andeuten, leer. Die Figuren verschwinden, tauchen gleitend wieder auf (Ausstattung Simone Pätzold). Eine geheimnisvolle Welt tut sich auf, mit Wesen in vornehmen oder farbenfrohen Kostümen. Eine Welt, in der mit den Möglichkeiten gespielt wird, die der Mensch, vielleicht, hat. Prinz Leonce, gespielt von Christian Löber (wie alle Darsteller Studierender im dritten Studienjahr) bringt diesen aus dem Leben Gefallenen mit geschliffener Disziplin auf die Bühne.

Da will einer aus sich heraus, und bleibt gefangen in sich selbst. Diese scheinbar steife Würde löst sich dann in Anmut auf. Aus den Begegnungen mit dem springlebendigen, hintersinnigen Freund Valerio (Patrick Bartsch), mit dem Zeremonienmeister (Andy Klinger) und den anderen Hofschranzen werden Funken geschlagen, gibt es genau fixierte Bewegungsabläufe, blüht eine geradezu „redende“ Körpersprache auf. Das gilt auch für die Frauen – die Rosetta der Antonia Bill wirbelt wie ein kreiselndes Porzellanpüppchen über die Bühne, Runa Schaefers Prinzessin Lena zelebriert emanzipatorischen Witz. Bleibt der machtmüde König Peter (Moritz Gottwald), bemitleidenswert, aber aufrecht, fremd im eigenen Königreich.

Alexander Lang hat Büchners Text souverän montiert. Er verzichtet auf das dramaturgische Gerüst der drei Akte, auf Orts- und Zeitbestimmung, das Politische tritt in den Hintergrund. Bewusstseinsströme rücken dafür ins Blickfeld, ein Ringen um geistige Klarheit. Tierlaute kreisen Befindlichkeiten ein, Musikschnipsel, etwa aus Mozarts Zauberflöte, schaffen ernsthafte wie ironische Steigerungen. Denn es wird eben nicht nur geredet, sondern gesummt, gesungen und getanzt, in wiederum zauberhaft beherrschten, klangvollen Ensembles. Lang hat acht Studenten zu weit mehr als nur einer Talentprobe geführt. Christoph Funke

Wieder am 20.10. , 20 Uhr

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